Auf dem Milchmarkt herrscht Wildwuchs. Die Situation präsentiert sich seit Monaten ohne Hoffnung auf Besserung: Die Industrialisierung der Milchproduktion wird immer schneller und weiter forciert und die Branchenorganisation Milch (BOM) steckt in der Sackgasse.
Niemand hat Antworten auf die Krise auf dem Milchmarkt und der Schweizer Milchproduzentenverband (SMP) hat sich aus der BOM zurückgezogen, weil er sonst den Mitgliedern gegenüber seine letzte Glaubwürdigkeit verloren hätte.
Der Markt wird einzig und allein von den Käufern und Verarbeitern beherrscht. Durch verschiedene Verträge, individuelle Abmachungen und unterschiedlichste Milchpreise für gleiche Qualität, werden die Bauern bewusst gespalten.
Als krönender Abschluss werden die Produzenten mit der vom Bundesrat an die BOM erteilten Allgemeinverbindlichkeit gezwungen die Exportsubventionen aus eigener Tasche zu bezahlen. So können die Händler die Überproduktion günstig in der EU loswerden. Die Produzenten aber werden im Gegenzug durch das heutige Segmentierungs-System bestraft, wenn sie weniger produzieren wollen.
Der Druck auf die Milchpreise hat auch schockierende Auswirkungen auf die Kälbermast. Heute werden wegen dem Zwang zu immer mehr Produktion heute gut 30’000 Kühe zuviel gehalten. Wegen dieser zu hohen Kuhzahl werden zuviele Kälber geboren. Diese Kälber haben auf dem Markt keinen Platz, sie sind überzählig. Aus diesem Grunde werden wöchentlich hunderte von Käbern, welche erst wenige Tage alt sind, getötet. Die BOM und die in ihr vertretenen Grossverteiler und Molkereien und Milchhändler akzeptieren dies alles, denn sie bekämpfen vehement jeden Versuch, die Milchmenge und damit die Kuhzahl zu senken. Die Werbung hingegen versucht uns eine heile Welt vorzugaukeln, die es in der industriellen Landwirtschaft längst nicht mehr gibt.
Wir sind heute gemeinsam in Bern, weil wir genug von dieser Situation haben. Wir glauben nicht, dass die BOM wirklich an der Findung einer Lösung interessiert ist. Im Gegenteil, die verarbeitende Industrie und die Milchkäufer profitieren von der organisierten Überproduktion. Schon vor Monaten haben wir einen gangbaren Weg und eine Lösung vorgeschlagen. Nun sind wir hier, um einen grossen Stiefeltritt anzukünden, damit dieser Vorschlag endlich Gehör findet.
Die vorgeschlagene Lösung führt ein flexibles und solidarisches System der Regulierung der Mengen ein, welches es den Bauern ermöglicht, schnell auf den Markt zu reagieren. Die Lieferrechte richten sich dann nach der vom Markt benötigten Menge und dem offerierten Preis. Ziel ist es eine Überproduktion und den damit verbundenen Export zu Dumpingpreisen zu verhindern. Dieses System ist der Garant, trotz weniger Menge, einen fairen Preis zu erreichen. Damit diese Massnahme in der ganzen Schweiz gerecht umgesetzt werden kann, benötigt sie starke politische Unterstützung und die Erteilung der Allgemeinverbindlichkeit des Bundes.
Eine solche Lösung ist im Einklag mit der Prinzip der Ernährungssouveränität von Via Campesina, welches u.a. als Grundpfeiler ein gerechtes Auskommen für die Bauernfamilien fordert und jegliche Form von Export-Subventionen ablehnt. Die vorgeschlagene Mengensteuerung ist für alle Bürgerinnen und Bürger ein Gewinn. Die Lösung verhindert Überproduktionen und fördert dadurch die Produktion für die regionalen Märkte zu einem fairen Preis für alle Beteiligten. Für die Industrie würde es auch einen Vorteil bedeuten: die zu verarbeitenden Mengen wären besser planbar, es würde Kosten verringern, welche mit der Lagerung oder dem Transport der sensiblen Produkte verbunden sind. Produkte mit guter Mehrwertschöpfung könnten dabei weiter exportiert werden.
Wir erwarten nun, dass unser vorgeschlagenes Konzept der Mengenregulierung endlich in den entsprechenden Gremien, Kommissionen und involvierten Kreisen behandelt wird.