Mittwoch, 18 April 2012

Bauernkampftag
Mobilisation gegen Produktivismus

Für Millionen Bäuerinnen und Bauern auf der ganzen Welt ist der 17. April ein Aktionstag1. In der Schweiz, wie im Süden, sind Bäuerinnen und Bauern ins Getriebe des Marktkapitalismus geraten, wo ihre Existenz und der Widerstand ihrer Gewerkschaften immer stärker bedroht sind.

 

Uniterre hat in vier Regionen symbolische Aktionen organisiert, um die Folgen des Produktivismus in der Milchbranche anzuprangern und Kernmassnahmen aufzuzeigen, welche diese Wertschöpfungskette in einer Politik der Ernährungssouveränität eingliedern. So wurden die Regierungen von Genf und Winterthur aufgerufen, ihre Vorbildrolle wahrzunehmen, d. h. für eine faire Milchproduktion einzutreten und die Bevölkerung mit regionalen, fairen Nahrungsmitteln zu versorgen. In Môtiers wurde an einem konkreten Beispiel aufgezeigt, was für eine Landwirtschaft von der Milchindustrie gefordert wird: ein Hors-sol-System, das zahlreiche Schäden und externe Kosten verursacht - dies in der natürlichen und sozialen Umwelt, bei der Milchqualität, im Leben der Bauernfamilien, bei der Tiergesundheit und im Gesundheitswesen. In Laufen haben Bäuerinnen, Bauern und engagierte Konsumenten/ innen gemeinsam ein alternatives Produktions- und Vertriebssystem von fair gehandelten Milchprodukten lanciert (mehr dazu auf S. 3).

Wir alle kämpfen gegen den präventiven Einsatz von Antibiotika in der Milch- und Fleischproduktion, denn dies verursacht Resistenzen bei Mensch und Tier, in den Nahrungsmitteln finden sich Rückstände und in den Gewässern bildet sich ein gefährlicher Mix aus Mikroverunreinigungen (mehr dazu auf S. 7).

Wir kämpfen gegen die „grüne Wirtschaft“ - eine Schändung der Sprache, in der wir die zwingende Notwendigkeit erkennen, unser leistungsorientiertes Produktions- und Verteilsystem grundlegend zu ändern. Die „grüne Wirtschaft“ wird an der nächsten UNO-Konferenz Rio+20 im Juni zentral sein, doch das ist vermutlich nur eine neuerliche Täuschung, denn besagte Wirtschaft beruht auf einem neokolonialistischen Marktmodell für den Emissionshandel, respektive auf einer Monetisierung der Dienstleistungen weltweit, damit sich die Reichen ein Verschmutzungsrecht kaufen können und die anderen unseren Planeten retten sollen (zu diesem Thema finden diesen Monat in Zürich und Neuenburg zwei Konferenzen statt, mehr dazu in der Agenda auf S. 8).

Wir kämpfen gegen die Macht der Verarbeiterindustrie und der Grossverteiler: Emmi will beispielsweise im Namen des Marktkapitalismus einen amerikanischen Greyerzer lancieren und das Tüpfelchen auf dem ist eine Senkung des Milchpreises für unseren Greyerzer AOC. Und was ist mit den gesundheitspolizeilichen Normen, die von und für die industrielle Produktion festgelegt wurden? Sie sind für kleine, traditionell arbeitende Betriebe nicht angebracht und zerstören mit ihren vielen Mehrkosten die regionale Wirtschaft. Es ist wichtig, dass die Hygienenormen an kleine Bauernbetriebe und kurze Lieferwege angepasst werden können - z. B. als vertragliche Garantie zwischen Produzent/ in und Konsument/ in (mehr dazu auf S. 3 und 4).

Wir kämpfen, damit die Konsumenten/ innen einen vereinfachten Zugang zu regionalen, fairen Produkten erhalten. In der Schweiz haben bereits 10 000 Haushalte Zivilcourage bewiesen, indem sie als Unterstützung für kleinbäuerliche Familienbetriebe an einem Projekt für regionale Vertragslandwirtschaft teilnehmen. Als weitere staatsbürgerliche und verantwortungsbewusste Handlung schlägt Uniterre vor, die Petition „Milch ja - aber nicht mehr als nötig“ zu unterschreiben.

Wir kämpfen für die Anerkennung der Widerstandsbewegung von Bäuerinnen und Bauern - auch in der Schweiz. Erst letzten Monat hat sich unser „Land der Menschenrechte“ offen gegen eine UNO- Deklaration zum Schutz der Bauernrechte ausgesprochen (mehr dazu auf S. 4). Wir erinnern ausserdem an die gewerkschaftliche Kundgebung von Uniterre in Pringy: Unsere Forderung nach einer Umsetzung der beschlossenen Massnahmen, um die Milchkrise in den Griff zu bekommen, wurde vor Gericht verurteilt; zurzeit ist ein Einspruchsverfahren am laufen.

 

 

1 im Gedenken an das Massaker von 1996, bei dem in Brasilien 19 Bauern ermordet wurden, als sie für ihr Land und für Gerechtigkeit gekämpft haben.
Über 250 Kundgebungen auf allen fünf Kontinenten: www.viacampesina.org