EU-Agrarpolitik: NGOs fordern Dialog über Produktion und Preise
Neuer Kommissar muss verantwortungsvolle Milchpolitik umsetzen
(Berlin, 01.10.2014) Morgen wird sich Phil Hogan, der designierte europäische Kommissar für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung, in einer offiziellen ersten Anhörung den Fragen von EU-Parlamentariern stellen. Aus diesem Anlass fordert ihn eine Koalition von Nichtregierungsorganisationen auf, sich für eine zukunftsfähige bäuerliche Landwirtschaft einzusetzen. Die Kommission müsse aufhören, wie bisher überwiegend die Agrarindustrie zu unterstützen, so die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL),
der Bundesverband deutscher Milchviehhalter (BDM), das European Milk Board (EMB), die Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch sowie das Entwicklungshilfswerk MISEREOR.
„Die ’Wachsen oder Weichen-Strategie’ führt in eine Sackgasse. Bürger und Bauern in der EU wollen an Standort angepasste Bauernhöfe und keine Milchfabriken“, sagt Bernd Voß, AbL-Bundesvorsitzender. „Die Milchmengenbegrenzung soll nächstes Jahr ersatzlos auslaufen. Doch schon jetzt stehen alle Vorzeichen auf noch höhere Milchüberschüsse. Das Überschreiten der Milchquote in Deutschland weist erst jüngst Rekordhöhen auf, die der Nachfrage am Markt nicht gerecht werden.“
Eine verantwortungsvolle Milchpolitik
Tobias Reichert von Germanwatch betont: „Es stehen kaum noch politische Instrumente zur Verfügung, um auf Ungleichgewichte am Milchmarkt zu reagieren. Bereits jetzt muss die EU-Kommission als Reaktion auf die schwache Nachfrage in China und den russischen Importstopp die Lagerhaltung subventionieren. Spätestens mit dem Ende der Milchquoten drohen subventionierte Exporte als nächster Schritt.“
„Auch unabhängig von Subventionen drücken die starke Exportorientierung und die unangemessene Mengenausweitung den Preis für die Produzenten innerhalb der EU und schwächen die Milchwirtschaft in Entwicklungsländern“, so der Vorsitzende von EMB und BDM, Romuald Schaber. Er sieht in der Weltmarktorientierung keinerlei Sicherheit für die EU-Landwirtschaft. Sie mache den Milchsektor vielmehr sehr verletzlich, wie anhand der aktuellen russischen Politik sehr deutlich zu sehen sei.
„Eine der größten Herausforderungen für Hogan wird es sein, eine Milchpolitik zu formulieren, die der Verantwortung gegenüber der Gesellschaft und den Erzeugern in der EU, aber auch gegenüber den Entwicklungsländern gerecht wird“, fasst Kerstin Lanje, Landwirtschaftsexpertin von MISEREOR, zusammen.
AbL, BDM, EMB, Germanwatch und MISEREOR erwarten von Hogan daher Konzepte, wie Produktion und Preise in der EU auf ein angemessenes Niveau gebracht werden können: Ein Niveau, das eine Milcherzeugung sichert, den Landwirten eine faire Entlohnung bietet sowie ökologisch und entwicklungspolitisch verträglich ist.