Donnerstag, 20 Februar 2014

Kultur-Land-Schutz -  schützt was vor wem?

Wenn das Land verschwindet, geht auch die Kultur verloren. Also höchste Zeit den Boden zu schützen. Endlich haben unterschiedlichste Kreise und Parteien das Thema auch für sich entdeckt. Für uns alle steht viel auf dem Spiel. Nicht nur die Bauern und Bäuerinnen können ohne Land nicht überleben, wir alle stehen gemeinsam an der Wand. Die Frage ist doch, was verlieren wir, wenn wir kein Kulturland mehr haben.

 

Was stirbt dann aus? Wir kennen die Folgen unserer Wachstumsgesellschaft - schneller, grösser, mehr und noch mehr. Dabei wird vieles zerstört, rücksichtslos, auch viel guter Boden. Die ökologischen Folgen dieser Politik werden Tag für Tag sichtbarer. Aber trotzdem sind wir nicht bereit anzuhalten und der Krise ins Gesicht zu sehen. Wir machen weiter, scheinbar ohne Plan.  

Ich glaube weder an den Klimaschutz, noch an den Kulturlandschutz, noch an den Artenschutz, noch an den Schutz der Bäuerlichen Familienbetriebe. Alles nur Lug und Trug, schöne Worte, abgenutzt und für die Imagepflege gemacht. Denn die gleichen Kreise, die jetzt z.B. den Kulturlandschutz als medienwirksames Thema aufgenommen haben, treiben den Strukturwandel in der Landwirtschaft voran und propagieren weiterhin Flächenmobilität, Grösse und Wachstum. Nur ist beides gleichzeitig nicht zu haben. Kulturland gibt es nur mit Menschen, die dieses Land kultivieren, die dort leben und arbeiten. Mit jedem Betrieb der aufgegeben wird, stirbt die Kultur, das Klein-Gewerbe, das soziale Leben mit, wir werden gemeinsam zu Grabe getragen.

Wollen wir das Thema Kulturlandschutz ernst nehmen, müssten wir eine Kehrtwende machen und unseren Wachstumswahn über Bord werfen, mit aller Konsequenz. Kulturlandschutz grenzenlos wäre dann das Motto und nicht einzig der Schutz einer Schweizer Idylle. Wir wissen, dass wir auf Kosten anderer leben. Wir leben gut, weil andere zu Hungerlöhnen arbeiten, weil es Kinderarbeit gibt, weil unsere Banken an Drecksgeschäften beteiligt sind, weil Rohstoffkonzerne ungehindert ganze Regionen und Länder zerstören. Wir konsumieren weiter wie bisher, denn das ist gut so, das schafft Arbeitsplätze, nur so können wir den Wohlstand in der Schweiz erhalten. So lautet das Gebet der Ökonomen, welches sie nicht müde werden zu wiederholen, nur wird es damit nicht richtiger. Für viele Marktmachtgläubige ist es durchaus vorstellbar, dass in der Schweiz keine Landwirtschaft und damit auch keine Nahrungsmittelproduktion mehr betrieben wird, denn wir SchweizerInnen können es uns leisten alles irgendwoher zu importieren und es ist dann ja auch noch billiger. Aber auch selbstverständlich für diese Anhänger des neoliberalen Denkens, gewisse Naturräume sollen erhalten bleiben: fürs Joggen, Biken, Skifahren, Wandern, Erholen. Diese Räume sollen schön sein, romantisch, idyllisch, kultiviert eben und dabei noch genügend Platz für wilde Spielchen und spannende Events bieten.  

Die Zerstörung der bäuerlichen Landwirtschaft hat viele Folgen, nicht nur ökologische sondern auch soziale. Denn wie kommen die niedrigen Preise von Erdbeeren, Tomaten oder Kartoffeln zu Stande? Durch Ausbeutung von Menschen, die ohne Rechte auf Plantagen oder in Fabrikhallen arbeiten und wenn sie nicht mehr als Arbeitskraft gebraucht werden, auf die Strasse gestellt oder sogar abgeschoben werden. Dieses Elend, obwohl hinreichend bekannt, wird ignoriert und damit legitimieren wir es auch.

Dass Staaten oder auch Grosskonzerne riesige Landflächen aufkaufen und Kleinbauern und - bäuerinnen von ihrem Boden vertrieben werden, damit unsere Überflussgesellschaft gefüttert wird, blenden wir gerne aus.

Dass Kriege geführt werden, um sich Energiequellen  und den Zugang dazu zu sichern, und deshalb Millionen von Menschen flüchten müssen, ist weit weg von unserem Alltag. Die Flüchtlingsdramen vor Lampedusa waren nur in der Weihnachtszeit in den Medien und sind jetzt schon längst wieder vergessen.

Wir schützen in der Regel das, was uns wertvoll ist. Aber haben wir den Wert wirklich erkannt? Ist Kulturland nur eine Investitionsreserve? Oder der Freizeitpark für erholungsbedürftige Menschen? Eine gut angelegte Kapitalanlage, die in Zukunft bei Verknappung der Ressource Boden an Wert gewinnen wird?

Kulturlandschutz wird dann mit Sinn erfüllt, wenn wir inne halten. Schutz heisst auch etwas lieben, wertschätzen und ernstnehmen. Damit müssen die Menschen hier und anderswo mitgemeint sein.

Ulrike Minkner