Donnerstag, 26 Februar 2015

Bevor der Hahn dreimal kräht...

Natürlich kennen wir alle die Situation auf dem Milchmarkt zur Genüge.

Jeder Milchbauer, jede Milchbäuerin, sieht es monatlich auf der Abrechnung. Wir sehen den SMP-Verband, der ausser Markteting nichts mehr unternehmen will, die BOM, die ihre eigenen Beschlüsse sabotiert, die Lactofama, die das Problem verschlimmert und der SBV, der auch nicht weiss, wie weiter. Aber was nun? Bleiben wir hypnotisiert sitzen, wie die Maus vor der Schlange? Die Branche hat durchs Band versagt. Alle sind mitschuldig! Aber niemand übernimmt die Verantwortung. Geht es uns allen schon so schlecht, dass wir deprimiert weitermachen, wie ein Hamster im Rad?

 

 

Ein paar Schlagzeilen der letzten zwei Wochen gefällig? (Schweizerbauer.ch)

„C-Preis-Stützung auf 38 Rp. ist das Falscheste“  „Rohstoffwert von Milch bei 25,2 Cent“ „Emmi und Hochdorf kündigen Abzüge und Rückbehalte an“ „Euro-Krise - Emmi senkt Milchpreis und investiert im Ausland“ „Nestlé-Konolfingen senkt Milchpreis um 3,6 Rp“ 

Und ja: „Coop steigert die Gewinne“, „Der Reingewinn von Nestlé in den ersten sechs Monaten beträgt 4,6 Milliarden Franken“ (tagesanzeiger)

      Wir können als einzelne wenig unternehmen, wir haben tatsächlich schlechte Karten. Aber warum? Was machen eigentlich die, die uns in diese Krise geführt haben und uns nun aus dem Desaster wieder rausholen sollten? Wird jeder Delegierte plötzlich zum Waschlappen, kaum kassiert er Sitzungsgelder? Wird er zum Mäuschen, kaum sollte er mal Kritik äussern? Was ist los mit all den bezahlten, gewählten Delegierten und Verbandsvertretern, die eigentlich für uns einstehen sollten? Aha - es ist der Markt, da kann man nichts machen! Doch Mann kann und Frau kann. Uniterre hat klare Forderungen, die eigentlich, wenn nicht heute, dann aber morgen, umsetzbar sind:

• Flächendeckende Milchkaufverträge zwischen Produzenten und Erstkäufern

• Recht der Produzenten keine Überschussmilch zu liefern

• Beteiligung der Produzenten an marktkonformer Mengensteuerung

• Faire Milchpreise.

Jetzt brauchen wir endlich Delegierte, welche diese Forderungen klar und deutlich aussprechen. Und wenn das nichts nützt, dann müssen wir tatsächlich nachhelfen. Das haben wir ja schon manchmal geübt. Wenn wir noch länger warten, gibt’s bald niemand mehr, der für einen kostendeckenden Milchpreis kämpfen könnte. 

      Aber es gab auch andere Meldungen. Da gibt es die Molkerei im Berchtesgardener Land in Deutschland, die ihren Bauern und Bäuerinnen weiterhin einen fairen Milchpreis bezahlen will, trotz der Krise. Mit der Werbekampagne „Premiummilchprodukte kann es nicht zum Discountpreis geben“ werden die Kundinnen und Kunden informiert. Die Molkerei setzt auf die Region, auf enge und gute Beziehungen zu den Lieferanten und sieht die lokale Landwirtschaft als Chance. Ein Slogan dieser Bauern und Bäuerinnen heisst: Unsere Milch entsteht nicht über Nacht, sondern über Generationen.

Es gibt auch immer mehr Bauern und Bäuerinnen, die sich äusserst kritisch zur Krise äussern. Im Schweizerbauer schreibt einer, „Bauern schiessen sich ins eigene Knie“. Andere weisen darauf hin, dass es nicht rechtens ist, das C-Milch geliefert werden muss. Recht haben sie. Denn das Reglement der BOM sieht die Freiwilligkeit vor, aber kaum ein Milchkäufer hält sich daran.  

Jeder Betrieb entscheidet schlussendlich selber, wie er sich aufstellt. Viele denken daran, das Melken aufzugeben oder machen keine Investitionen mehr. Andere hoffen, dass der Nachbar aufhört und man sich dann selber vergrössern kann. Aber machen wir uns nichts vor,  der Absturz des Milchpreises ist nur die Vorankündigung einer viel weiterreichenden Krise. In Schweiz ist die Befindlichkeit der Milchproduktion ein Indikator für alle Sektoren. 

Wahrscheinlich haben einige unsere Initiative für Ernährungssouveränität noch nicht genauer studiert, aber genau dort haben wir die Lösungen präsentiert und das nicht nur für die Milchbranche. Unterschriften sammeln ist auch eine Form von Widerstand! Wir stellen fest: Nur Worte reichen nicht, Papier ist geduldig. Unser Delegiertenwesen funktioniert nicht. Niemand will die Verantwortung übernehmen. Wir können noch lange darauf warten, dass uns irgendjemand aus dieser Krise holt, da warten wir vergeblich. Also müssen wir wahrscheinlich andere Mittel finden, um uns Gehör zu verschaffen. Wir sind mit Big-M in Diskussion. Der Wecker ist gestellt, ihr entscheidet selbst, wann ihr aufsteht.

Ulrike Minkner