Freitag, 26 Februar 2016

EMB Logo Web09Sehr geehrter Herr Präsident der Europaische Kommission,

herzlichen Dank für Ihr Antwortschreiben vom 18. Dezember 2015. Wir Milcherzeuger schätzen es, dass Sie sich die Zeit genommen haben, sich mit unseren Argumenten auseinander zu setzen.

 

Wir teilen Ihre Meinung, dass es wichig ist, einen konstruktiven Dialog zwischen Entscheidungsträgern und Marktbeteiligten aufrechtzuerhalten, der sich an realistischen und mehrheitsfähigen Lösungen orientiert. Wenn sich jedoch - wie aktuell der Fall - deutlich abzeichnet, dass die bisher mehrheitsfähigen Lösungen die Situation verschlimmern, anstatt sie zu verbessern, ist es an der Zeit neue Impulse zu setzen und andere Wege einzuschlagen.

Es zeigt sich deutlich, dass die Strategie nicht aufgeht, durch Mehrproduktion und Export in Drittländer rentable Absatzmärkte für EU-Produzenten zu erschließen: 

Trotz gestiegener Milchmengen erlösen die Erzeuger derzeit deutlich weniger Milchgeld als noch vor einem Jahr. In den Niederlanden sind beispielsweise die Exporterlöse aus den ersten drei Quartalen 2015 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 9% gesunken. Wenn allerdings trotz gestiegener Exportvolumen die Nettoerträge für die Erzeuger sinken, macht dies deutlich, dass der Export unterm Strich ein Minusgeschäft ist. 

Die EU-Mehrproduktion setzt die Milchpreise weltweit unter enormen Druck!

In den Jahren 2014 und 2015 ist die Milchproduktion in der EU um insgesamt 9 Mio Tonnen gestiegen, bei einem Weltmarktvolumen von lediglich 55 Mio Tonnen. Gleichzeitig sank der Milchpreis von 2014 auf 2015 EU-weit um rund 10 Cent auf unter 30 Cent/kg Milch. Aktuell liegen die Milchpreise bei 25 bis 29 Cent, Tendenz weiter sinkend. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Produktionskosten in den allermeisten Ländern nachweislich bei über 40 Cent/kg Milch liegen. Die Wertschöpfungsverluste der Milchviehhalter betragen somit allein im Jahre 2015 EU- weit über 15 Mrd. Euro. Auch für 2016 ist keinerlei Besserung in Sicht.

Die Verluste, die den Milcherzeugern durch das andauernde Preistief entstehen, werden durch das 500-Millionen-Hilfspaket nicht annähernd ausgeglichen. Eine Summe, die im Übrigen nicht einmal der Höhe der Superabgabe von rund 900 Mio Euro aus dem Milchwirtschaftsjahr 2014/15 entspricht.

Wir sind der Ansicht, dass die europäischen Entscheidungsträger die Tatsachen ehrlich aussprechen und Bereitschaft dazu zeigen sollten, Fehlentwicklungen zu korrigieren. Wir Milcherzeuger übernehmen täglich Verantwortung für die Ernährung der Bevölkerung und eine nachhaltige Bewirtschaftung unserer Höfe. Dauerhaft können wir das nur tun, wenn wir auch faire Preise erzielen, wozu die Politik die Rahmenbedingungen setzen muss.

Angesichts der Flüchtlingskrise, welche uns derzeit erschüttert, muss außerdem über die Folgen nachgedacht werden, welche unsere Handelsstrategie auf Entwicklungsländer hat. Unsere Exporte belasten die lokalen Märkte dort massiv und verstärken Armut und Perspektivlosigkeit. Das sind hausgemachte Fluchtursachen.

Auf Grundlage dieser Argumente halten wir es für unabdingbar, neue Schritte zu wagen, und die Einführung des von uns entwickelten Marktverantwortungsprogramms (MVP) endlich ernsthaft zu diskutieren!

Diesbezüglich hoffen wir auf Ihre Gesprächsbereitschaft und stehen Ihnen gerne für eine persönliche Diskussion zur Verfügung!

Romuald Schaber, EMB