Donnerstag, 29 September 2016

illustr-savant-tableau-webStatistiken - machen die Welt nicht besser.

Winston Churchill soll einmal gesagt haben : « Ich glaube nur an Statistiken, die ich selber gefälscht habe. » Wir alle ziehen gerne Statistiken, Zahlenvergleiche, Studien heran, wenn etwas bewiesen oder eine These untermauert werden soll.

 

Agroscope (Forschungsanstalt des Bundes) wurde schon im Jahr 2007 vom Bundesamt für Statistik gerüffelt und musste eine neue Methode für die Berechnung zur Einkommenssituation in der Landwirtschaft vorlegen. Bis anhin hatte man nur sogenannte Referenzbetriebe zur Berechnung der Durchschnittseinkommen der Bäuerinnen und Bauern benutzt, heute wird dieses über Zufallsstichproben ermittelt. Dadurch ergibt sich ein völlig anderes Bild. Bisher liegen die Ergebnisse für das Jahr 2014 vor, und wen wundert’s ? Der Verdienst pro Arbeitskraft liegt viel tiefer, als bisher errechnet. Er beträgt 42 000 Franken und liegt damit 21 Prozent unter den Werten nach der alten Messmethode.

(BernerZeitung 17.8.2016) « Begründet wird dies so : Erstens fallen die Verdienste generell etwas tiefer aus, was aber weitgehend mit buchhalterischen Änderungen zu erklären sei. Gravierender sei der zweite Faktor : Der Arbeitseinsatz der Bauern und Bäuerinnen sei markant höher als bisher vermutet. Im Durchschnitt sind 1,43 statt 1,22 Familienmitglieder im Vollzeitpensum für den Bauernbetrieb tätig. Das führe logischerweise dazu, dass der Verdienst pro Arbeitskraft kleiner ausfällt. » Dabei sind Löhne, die ausserhalb der Landwirtschaft erwirtschaftet wurden, nicht mit berücksichtig. Das ist auch richtig so.

Anstatt sich nun aber für die jahrelang unausgewogen angelegte Berechnung zu entschuldigen, greifen einige Wissenschaftler und Ökonomen die Landwirtschaft frontal an. Es wird dabei viel von Effizienz und Wirtschaftlichkeit gesprochen und Direktzahlungen an sogenannt unwirtschaftliche Betriebe werden lautstark in Frage gestellt. Markus Lips (Gruppenleiter Betriebswirtschaft bei Agroscope) will nun offensichtlich mit spektakulären Äusserungen von den gemachten Fehlern ablenken und wird in diversen Zeitungen (u.a. BernerZeitung) wie folgt zitiert : « Die neuen Zahlen werfen schwierige Fragen auf », sagt er. « Wie kann man die Landwirte unterstützen, damit sie ihre Effizienz verbessern können ? Oder : Ist es moralisch zu rechtfertigen, dass der Staat mit den Direktzahlungen Bauernbetriebe am Leben erhält, die praktisch nichts abwerfen ? »

Was meinen Ökonomen mit dem Wort « Effizienz » ? Schnell wird klar ; Die kleinen Höfe sollen endlich aufhören, damit die grossen Höfe grösser, sprich effizienter werden können. Grösse wird also mit Effizienz gleichgesetzt, was wissenschaftlich schlicht nicht haltbar ist. Interessant auch die Wortwahl « moralisch zu rechtfertigen » ! Denn meistens kramen Ökonomen das Wort « Moral » erst aus ihrem Sprachschatz, wenn ihnen die Argumente ausgehen. Und was heisst in diesem Zusammenhang « abwerfen » ? Was wirft ein Betrieb mit hohem Einkommen ab, was ein anderer mit niedrigerem Einkommen? Einkommen ist wichtig, darf aber nicht als einziger Gradmesser für eine nachhaltige Landwirtschaft dienen. Wieder werden wir gegenseitig ausgespielt. Aber lassen wir uns nicht blenden, weder von Statistiken noch von diesen Äusserungen. Fragen wir uns lieber was dahinter steckt : Ich vermute, die Angriffe sind Teil der Kampagne neoliberaler Wirtschaftskreise gegen die bäuerliche Landwirtschaft und für die Freihandelsabkommen (TISA, CETA, TIPP u.a.) Übrigens : Laut Statistik des Wohlstandsberichts des Bundesrates (2014) lag das durchschnittliche Bruttoeinkommen in der Schweiz pro Haushalt bei 9 565 Fr. Auch das ein statistischer Wert von dem die meisten Menschen in der Schweiz nur träumen können.

Ulrike Minkner
Uniterre Vize-Präsidentin