Freitag, 24 März 2017

Kurt-GrafAm 3. Januar dieses Jahres ist der Landwirt und gelernte Industriefotograf Kurt Graf überraschend gestorben. Mehr als 15 Jahre bewirtschaftete er zusammen mit Ulrike Minkner den Hof «La Souriche» auf dem Mont Soleil. Bis 2013 produzierten sie mit Original-Braunvieh-Kühen Milch, seither hielten sie diese als Mutterkühe (vgl. dlz agrarmagazin 3/2015). Kurt Graf verband bei seiner Arbeit zwei Passionen: Die Haltung von Rindvieh und die Abbildung von Tieren. Und zwar bildete er Nutz- und Wildtiere ab.

 

 

Mit beiden teilte er seinen Lebensraum, zu dem er entsprechend Sorge trug, um ihn kommenden Generationen zur Nutzung weitergeben zu können. Die Hasen, Rehe, Füchse, Igel und Vögel aller Art, die er neben dem Rindvieh auch fotografierte, wurden in dem Moment, als er sie abbildete, für ihn auch zu «Nutztieren». Die Bilder seiner Kuhherde sind ein einzigartiges Dokument, das zeigt, wie sich durch die Veränderung der Nutzungsform auch das Verhältnis zwischen Mensch und Tier verändert und deshalb in einem gegenseitigen (nonverbalen) Prozess immer wieder neu ausgehandelt werden muss. Nicht zuletzt anhand der Bilder seiner Kuhherde sei ihm bewusst geworden, «wie wenig stabil die Domestizierung von Nutztieren eigentlich» sei, erklärte Graf vor bald zwei Jahren der dlz gegenüber. Kurz nach Kurt Graf verstarb auch John Berger, der Schriftsteller, der wunderbare, auf präzisen Beobachtungen beruhende Texte über das Leben (und die Verdrängung) der Bauern in den französischen Alpen schrieb. Lehrte uns Berger genau hinzusehen, so ermöglicht es Kurt Graf mit der Abbildung seiner «Nutztiere» auch in Zukunft Menschen, die «seine» Tiere gar nie zu Gesicht bekamen, diese zu betrachten und dabei mehr über sich selber zu erfahren. Peter Moser,

Archiv für Agrargeschichte
(dlz agrarmagazin, Februar 2017)