Sind wir Linke oder Rechte? Weder noch: Wir sind unabhängig!
Offenbar hat man Uniterre auf dem Land als «linke Bauerngewerkschaft» etikettiert ... oder vielleicht noch als «kleine, alternative Bauerngewerkschaft». Diese Kategorisierung schrecke viele davon ab, Mitglied zu werden. Welche unserer Aktivitäten oder unserer Aus-sagen führt die Menschen dazu, so über Uniterre zu denken? Übernehmen wir, die bäuerlichen Mitglieder von Uniterre, die Verantwortung für dieses Image - und wenn ja, wie?
Wir setzen uns für angemessene Preise ein, für eine bessere Verteilung des Mehrwerts innerhalb der Branchen, für eine Mengenverwaltung und für mehr Solidarität zwischen den Bauern - sind das linke Positionen? Sind solche Forderungen ein Vorrecht der Linken? Es wäre zu simpel, so zu denken!
Gewisse Wirtschaftskreise oder Arbeitgeberverbände sagen: «Ein angemessener Preis, das ist der beste Preis, den wir auf dem Markt bekommen können.» Wir sind mit dieser Definition nicht einverstanden; ein angemessener Preis muss die Produktionskosten decken und allen LandarbeiterInnen ein anständiges Einkommen bieten. Sind wir deshalb «Linke»? Wir haben nie eine Planwirtschaft gefordert, sind aber der Ansicht, dass der Staat Rahmenbedingungen schaffen muss, welche dem Allgemeinwohl zugutekommen, nicht nur einigen wenigen Privilegierten, zu denen die Bauern ganz gewiss nicht gehören! Wir sind überzeugt, dass wir den Bäuerinnen und Bauern sowie auch den Konsumentinnen und Konsumenten die Möglichkeit geben sollten, das Ernährungssystem selbst in die Hand zu nehmen. Es sind unsere Stimmen und unsere Ideen, die zählen, deshalb müssen sie mehr Gewicht erhalten.
Wir verurteilen gemeinsam mit sozialen Bewegungen und Bauern aus dem Süden die Praxis der multinationalen Konzerne, weil wir feststellen müssen, dass die Bauern im In- und Ausland, die Handwerker, die kleinen Arbeit-geber und Arbeitnehmer von den Gleichen gerupft und ausgenommen werden - sind wir deshalb linksgerichtet ... oder nur humanistisch?
Wir haben unsere eigenen Ideen, die wir allen Milieus und allen Parteien nahebringen wollen. Gerade unsere unabhängige Vision ermöglicht uns, offen auf alle zuzugehen, ohne irgendwelche Verpflichtungen. Wir können sowohl die Linke wie auch die Rechte ansprechen, das ist unsere Stärke und wird auch als solche anerkannt. Uniterre nimmt nur zu Themen Stellung, die einen direkten Zusammenhang mit der Landwirtschaft haben. Andere Themen lassen wir aussen vor (USR III, Sozialversicherungen, Service public usw.). Wenn andere landwirtschaftliche Organisationen dazu Stellung nehmen, realisieren sie nicht, dass dies in anderen Milieus zu Verstimmungen führen kann. Das ist der Vertretung der bäuerlichen Interessen nicht dienlich.
Wir haben eine humanistische Vision, eine gewisse Vorstellung von sozialer Gerechtigkeit. Unser Ziel ist eine harmonische Gesellschaft, wir setzen uns für das Gemeinwohl ein und sind überzeugt, dass dies der bäuerlichen Tradition entspricht, dem Respekt von Diversität und Leben.
Die Schubladisierung einer Organisation, die Einteilung einer Bewegung in Links oder Rechts, ist das nicht nur eine Ausrede, um keine Grundsatzdebatte führen zu müssen? Eine Ausrede, um sich aus der Verantwortung zu stehlen, anstatt Lösungen zu suchen, die etwas taugen? Was für uns wichtig ist, sind die Inhalte, jenseits von Parteienpolitik. Eine gute Idee ist immer eine gute Idee, ob sie nun von links oder von rechts kommt!
Valentina Hemmeler Maïga
Übersetzung: Stefanie Schenk