Donnerstag, 26 Januar 2017

prodVsRegion-webWir haben eine Vision und bleiben dabei.

Unsere Initiative für Ernährungssouveränität wird nur von wenigen PolitikerInnen offen unterstützt. Das war zu erwarten, denn unsere Forderungen können nicht mit ein paar Trostpflastern abgedeckt werden.

Ende November 2016 haben die Räte die Initiative des Bauernverbands (zur Ernährungssicherheit) zerpflückt und einen Gegenentwurf eingebracht. Das Resultat ist ein Trauerspiel.

 

 

«Die Versorgung mit einheimischen Lebensmittel» wurde ersetzt durch «grenzüberschreitende Handelsbeziehungen, die zur nachhaltigen Land- und Ernährungswirtschaft beitragen.» Das ist schlicht das Gegenteil von dem, was die InitiantInnen gefordert haben. Dieser Gegenentwurf soll auch der Initiative für Ernährungssouveränität den Wind aus den Segeln nehmen, aber das wird nicht funktionieren, denn wir nehmen gerade erst richtig Fahrt auf.

Heute verändert sich unser Alltag rasant. Menschen werden durch Maschinen ersetzt (wie «geil» ist so ein Bus, ein Auto oder Traktor ohne Mensch im Führerstand!?), Arbeitsplätze werden wegrationalisiert. Roboter übernehmen unsere Arbeit. Das mag die einen in Begeisterung versetzen, aber kritische Fragen bleiben unbeantwortet: Wohin mit den Menschen, die dadurch nicht mehr gebraucht werden, woher soll das Einkommen kommen, woher die Wertschätzung? Auch vor der Landwirtschaft macht dieser Trend nicht halt, aber anstatt weniger Belastung durch mehr Roboter-Maschinen, steigt der Druck auf die verbleibenden Menschen, die finanziellen Verbindlichkeiten nehmen zu, ein Teufelskreis beginnt. Dieser Tendenz können wir mit guten Argumenten entgegen halten.

Bleibt die Wertschöpfung in der Region, sichern wir Arbeitsplätze und Einkommen. Durch eine bäuerliche Landwirtschaft in der Schweiz, werden Arbeitsplätze auf den Höfen, im Kleingewerbe, bei den Verarbeitern und letztendlich auch im Handel gesichert. Um dem Verlust von Arbeitsplätzen in den ländlichen Regionen entgegen zu wirken, braucht es das Kleingewerbe und die Bauern und Bäuerinnen. Dazu zählen auch die Mühlen, Bäckereien, Käsereien, Gärtnereien, die Metzgereien, das Bau- und Gastgewerbe und die Dorfläden. Aber auch neue Wohnformen, Gemeinschaftsgärten und Vertragslandwirtschaftsprojekte geben dem Landleben neuen Auftrieb. Junge Menschen wollen im ländlichen Raum wieder eine Perspektive, mit Ausbildungs- und Arbeitsplätzen ist dies möglich. Und ausserdem bedeuten gesicherte Einkommen auch sichere Steuereinnahmen und weniger Sozialausgaben.

Mit dem Einkauf von regionalen Lebensmitteln tragen wir alle zum Klima- und Umweltschutz bei. Viele Importprodukte haben lange Transportweg mit Camion oder Flugzeug um die halbe Welt hinter sich, mussten mit Wasser aus immer tieferen Grundwasserreserven bewässert werden und die Anbaumethoden in Monokulturen sind aus ökologischer und sozialer Sicht mehr als fragwürdig. Auf den inländischen Anbau können wir Einfluss nehmen und damit auch auf die Lebensmittelqualität. Diesen Einfluss sollten wir nutzen, denn im Gegensatz dazu haben wir auf Importwaren, bei liberalisierten Handelsbeziehungen, praktisch keinen Einfluss mehr.

Unterstützung bekommen wir von unerwarteter Seite. Versicherungen interessieren sich vermehrt für die Auswirkungen der Klimaveränderung. Die Österreichische Hagelversicherung* liess untersuchen, wie mit verändertem Konsumverhalten positive Effekte herbeigeführt werden können. Die Universität Linz kommt in ihrem Bericht u.a. zum Schluss: «Steigt der Konsum einheimischer Lebensmittel um 10 Prozent, schafft das 21’000 Arbeitsplätze.» Gleichzeitig würden aus der Produktion und dem Konsum regionaler Lebensmittel enorme Chancen für die Umwelt und für das Klima resultieren. Wir müssen deshalb genau bleiben. Sprechen wir also nicht pauschal von «die Versorgung mit Lebensmitteln stärken» sondern von «der Stärkung der einheimischen Produktion», denn damit kommen auch die Vorteile für die Gesamtbevölkerung in die Waagschale.

 

Ulrike Minkner, Vizepräsidentin von Uniterre

 Leitartikel des Journal d’Uniterre - Januar 2017 (gedruckte Ausgabe nur auf Französisch)

 

 * Quelle: lid.ch, 14.12.2017, Österreich: Konsum heimischer Lebensmittel schafft Arbeitsplätze