An der Podiumsdiskussion zu den drei eidgenössischen Volksinitiativen „Ernährungssicherheit“, „Fair-Food“ und „Ernährungssouveränität“ diskutierten Nationalrat Markus Ritter (Präsident Schweizer Bauernverband), Rudi Berli (Sekretär Uniterre) und Nationalrätin Maya Graf unter der Moderation von Adrian Krebs, (Chefredaktor der Bauernzeitung). Der von Uniterre, Sektion Aargau organisierte Anlass vermochte am 23. März 2017 rund 50 Personen in die Aula des FibL in Frick zu locken.
Zu Beginn veranschaulichte Adrian Krebs kurz den unterschiedlichen Umfang und Detaillierungsgrad der Initiativen resp. des Gegenvorschlags zur Initiative „Für Ernährungs-sicherheit“ des Schweizer Bauernverbandes. Gemäss Markus Ritter ist der wesentliche Unterschied zwischen Initiative des Bauernverbands und Gegenvorschlag, dass die Initiative nur die inländische Landwirtschaft betraf, während im Gegenvorschlag auch der Import einbezogen wurde. Für ihn bilden die verschiedenen Initiativen die Chance, über längere Zeit mit interessierten Bürgerinnen und Bürgern über die Landwirtschaft zu diskutieren.
Für Rudi Beerli ist die Landwirtschaft bzw. Ernährung zentral und zwar nicht nur bei uns, sondern weltweit. „Weiter wie bisher“ ist für ihn keine Option. Wir müssen handeln, weshalb die Initiative so detailliert formuliert sei, d.h. der Welt Sorge tragen (Menschen, Tieren und Pflanzen). Zudem will die Initiative für Ernährungssouveränität den Freihandel aufbrechen. Es gehe um eine langfristige Perspektive und es brauche mehr Menschen in der Landwirtschaft. Dass es mehr Leute braucht, fand auch die Unterstützung von Markus Ritter und Maya Graf. Für Markus Ritter braucht es mehr junge Leute auf den Höfen, weil die Hälfte der Betriebsleiter über 50 Jahre alt ist und es immer weniger Eltern oder Geschwister gibt, die als Unterstützung zur Verfügung stehen. Maya Graf findet es deshalb wichtig, weil ein Bauernhof auch die Funktion eines sozialen Netzwerks hat. Es wurden auch einige konkrete Zahlen in Bezug auf die Energie und Wertschöpfung genannt. So erwähnte Rudi Berli, dass in den 40er Jahren auf 1 kcal Input 2 kcal Output resultierten, während es heute auf 7 kcal Input noch 1 kcal Output ist. Gemäss Markus Ritter gingen früher von 1 Konsumentenfranken 55 Rp an die Bauern, heute sind es noch 25 Rp.
Da der Gegenvorschlag voraussichtlich am 24. September 2017 zur Volksabstimmung gelangt und es Parallelen zu den beiden andern Initiativen hat, stellte sich die Frage, ob das Volk ebenfalls darüber abstimmen kann. Von Maya Graf wurde dies bejaht, weil der Gegenvorschlag zur Ernährungs-sicherheits-Initiative nicht alle zentralen Forderungen der Fair-Food-Initiative erfüllt, denn im Gegenvorschlag sind die ressourceneffiziente Verarbeitung und nachhaltige Handelsbeziehungen zwar enthalten, doch die Forderungen betreffend Produktionsart und Arbeitsbedingungen fehlen darin. Als Alternative gäbe es für Maya Graf auch einen Gegenvorschlag auf Gesetzesebene. Laut Rudi Berli will die Initiative für Ernährungssouveränität auf jeden Fall an die Urne bringen, denn diese fordert auch ein GVO-Verbot.
In der anschliessenden für das Publikum offenen Fragerunde vertrat Maya Graf auf eine Frage zum Strukturwandel die Ansicht, dass darauf hingearbeitet werden sollte, die Landwirtschaft aus den WTO-Abkommen herauszunehmen, da die Landwirtschaft an Boden und Klima gebunden ist. Markus Ritter wies darauf hin, dass sich die unter den Initianten geführten Gespräche positiv ausgewirkt hätten und er zeigte sich generell offen für die Anliegen der anderen Initiativen. So schlägt der Bauernverband vor, zu schauen, was man gemeinsam weiterentwickeln kann. Überhaupt herrschte unter den Podiumsteilnehmern eine gute Stimmung, d.h. es war kein Gegeneinander, sondern alle setzten sich engagiert für die Landwirtschaft und die Ernährung ein und wollen eine Verbesserung in Bezug auf Nachhaltigkeit erreichen.
Trotz weitgehendem Konsens unter den Podiumsteilnehmern wird die Landwirtschaft weiter für Gesprächsstoff sorgen. Adrian Krebs wies nämlich auf zwei weitere eidg. Volksinitiativen hin, die ein Verbot von Pestiziden resp. sauberes Trinkwasser und gesunde Lebensmittel fordern, für die gegenwärtig Unterschriften gesammelt werden. Beim anschliessenden Apéro wurde die Gelegenheit genutzt, sich persönlich mit den Podiumsteilnehmern und untereinander auszutauschen.
Josef Kaufmann-Brem ist Mitglied bei der Sektion AG von Uniterre
in Uniterre Zeitung - Juni 2017 publiziert