Donnerstag, 11 November 2021
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Zum 70. Geburtstag: Was passt besser, ein Fest oder ein Hilferuf zur Rettung der Erde? Vor siebzig Jahren gründeten Bäuerinnen und Bauern die Union des producteurs suisses (UPS), woraus die Uniterre hervorging. Zum Zusammenschluss sahen sie sich veranlasst, um sich Gehör zu verschaffen, denn damals wurden ihre Anliegen innerhalb vom Bauernverband (SBV/ USP) nicht erhört – und heute?

In den 1950er Jahren die Obst- und Gemüsekrise, erste Demonstrationen, der Preiszerfall, die Produzent*innen werden durch Importe unter Druck gesetzt. Die Anfänge der UPS.

Das politische Ringen beginnt gerade erst – erste industrielle Bauernhöfe, Skandale in der Schweinemast, der Rinderwahn,… Viele dieser Fälle waren von Produzent*innen vorausgesagt worden, aber man hielt sie für «zu bäuerlich, zu einfältig», um etwas von der Sache zu verstehen. Die Wirtschaft will um jeden Preis Geld machen, produziert Industriemehl, spart bei der Sterilisation des Tierfutters, das Drama nimmt seinen Lauf.

Wer bezahlt die Rechnung? Die Produzent*innen, immer! Sie erhalten zu wenig für ihre Produkte und gleichzeitig erwartet man von ihnen grosse Investitionen. Nicht weil es sinnvoll ist, sondern nur um die Wirtschaft am Laufen zu halten. Jüngstes Beispiel: die Schleppschläuche.
Die Milchkrise, die Abschaffung der Milchquote, einmal mehr sind es die Produzent*innen, die zur Kasse gebeten werden. Uniterre prangert an, ein Milchstreik, aber die Preise bleiben tief.

In der Milchbranche, im Gemüsebau, die Preise brechen in allen Sektoren zusammen. Uniterre wehrt sich immer noch, aber offensichtlich geht es unseren Landwirtschaftsbehörden nicht um die Bäuerinnen und Bauern, sondern um die Wirtschaft.

Uniterre präsentiert Lösungen: Ernährungssouveränität, Wertschöpfungsketten transparent und lokal gestalten, die Lösungen werden ignoriert.

Dabei: Ist Uniterre nicht visionär? Wenn wir gehört werden, kommt es gut: die Sortenorganisation Gruyère, die faire Milch, regionale Produkte,… Auch wenn sich Uniterre im letzten Moment oft zurückziehen muss, weil man bei diesen Lösungen die Nähe zur Bauern- und Bäuerinnengewerkschaft verbergen will.

Was verlangt Uniterre? Faire Preise, die die Produktionskosten decken und den Bäuerinnen und Bauern ein Einkommen bieten. Ein ideales Szenario, in dem Direktzahlungen nicht mehr nötig wären.

Wir stehen heute vor wichtigen gesellschaftlichen Veränderungen, aber es ist an der Zeit, dass bei der Bewahrung der Erde die Erfahrungen der Produzent*innen berücksichtigt werden. Dazu sind zwei Dinge unumgänglich: Das Verständnis für die Gegebenheiten im Feld, und natürlich angemessene Preise.

Für die Produzent*innen ist dies selbstverständlich nur ein Anfang. Sie müssen auch lernen, über ihr tägliches Schaffen zu reden, damit die Konsument*innen verstehen, dass die Arbeit zwar ihren Preis hat, dabei aber auch Produkte von aussergewöhnlicher Qualität entstehen.

Zum Schluss dieses Editorials möchten wir allen danken, die sich bei Uniterre für den Schutz der Produzent*innen eingesetzt haben. Der Kampf geht weiter.

Max Fragnière