Und die Menschen ?
Ob ich davon leben kann? Das werde ich immer wieder gefragt, wenn ich von meiner Arbeit als Bäuerin auf dem Hof erzähle. Nein, das kann ich nicht. Ich habe einen kleinen Zuverdienst bei Uniterre (Zeitung, Redaktion und Layout). Da bin ich keine Ausnahme, im Gegenteil. Im Agrarbericht heisst es dazu: «Das ausserlandwirtschaftliche Einkommen hat in der Hügel- und Bergregion mit einem Anteil am Gesamteinkommen von 34 % eine grössere Bedeutung als in der Talregion mit 28 %.» Fazit: Auf sehr vielen Höfen ist das ausserlandwirtschaftliche Einkommen ein wichtiger Bestandteil des Gesamteinkommens, es macht circa einen Drittel aus. Da ich die Arbeit für die Zeitung von Uniterre quasi vom Schreibtisch aus erledigen kann, ist dieser Nebenerwerb für mich ideal. Ich muss den Hof für diese Arbeit nicht verlassen und kann meistens frei darüber verfügen, wann ich sie erledige. Für die meisten Bauern und Bäuerinnen ist das weniger einfach. Für sie heisst es, der Tag muss durchorganisiert sein. Hof, Stall, Tiere, Küche, Kinder, Garten, Direktvermarktung und die Arbeit auswärts sind so einzuteilen, dass alles funktioniert und niemand zu kurz kommt; nicht zu vergessen die Beziehungen innerhalb der Familie, zu den Mitarbeiter*innen und die sozialen Kontakte nach aussen.
Ich möchte hier einen Blick auf die Frauen werfen. Es gibt Frauen, die nicht auf dem Hof mitarbeiten, sondern mit ihrer Arbeit in anderen Branchen zum Gesamteinkommen des Betriebs beitragen. In vielen Fällen obliegt den Frauen dennoch ein Grossteil der Hausarbeit und Kinderbetreuung. Es gibt Frauen, die ihre Arbeitszeit aufteilen und wieder andere arbeiten ausschliesslich auf dem Betrieb. Die Standard-Bäuerin gibt es nicht. Eines ist uns Bäuerinnen und Bauern aber gemeinsam, wir haben volle Tage.
Der Agrarbericht stellt erneut fest, dass sich ein Trend fortsetzt: Die Anzahl der Betriebe nimmt ab und gleichzeitig nimmt die Grösse der verbleibenden Betriebe laufend zu. «In der Schweiz gab es im Jahr 2019 insgesamt 50 038 Landwirtschaftsbetriebe, 814 weniger als im Vorjahr, im Jahr 2000 waren es noch 70 537 Betriebe insgesamt.» Die verbleibenden Höfe bewirtschaften immer mehr Fläche mit immer grösseren Maschinen. Das sind Zahlen, aber dahinter stehen Menschen und Schicksale. Wenn die Höfe grösser werden, die Anzahl der Beschäftigten aber gleichzeitig sinkt, hat das Konsequenzen. Oft sind diese Höfe hoch verschuldet und die Arbeit wird einsam, denn mit Maschinen, Robotern und Computern kann man nicht reden, schon gar nicht über Sorgen oder Zukunftsperspektiven.
Wir bei Uniterre reden viel, diskutieren viel, organisieren und kritisieren, wir mischen uns ein und stellen Forderungen für eine einträgliche und zukunftsgerichtete Landwirtschaft und für den Erhalt unserer gemeinsamen Lebensgrundlagen. Damit das so bleibt, brauchen wir Sie, Euch alle. Und deshalb freuen wir uns auf Begegnungen, Eure kreativen Einmischungen und Eure finanzielle und ideelle Unterstützung im neuen Jahr.
Ulrike Minkner, Bäuerin und Sekretärin Uniterre