Dienstag, 18 Februar 2020

Ökologisch, sozial und wirtschaftlich ist die aktuelle Agrarpolitik in der Schieflage. Die bäuerliche Landwirtschaft wird zwischen den Ansprüchen nach mehr Markt, Freihandel und Unternehmertum und immer höheren Anforderungen an Nachhaltigkeit und Tierwohl zerrieben. Dies verstärkt den Kostendruck, hohen Vorleistungen und Investitionen kommen dazu und der Ladenpreis liegt weit unter einem kostendeckenden Produzent*innenpreis. Folge: 3 Betriebe pro Tag schliessen ihre Tore für immer.

Die bäuerliche Gewerkschaft Uniterre verfolgt seit ihrer Gründung 1951 das Ziel einer nachhaltigen Landwirtschaft. Die Landwirtschaft erbringt wichtige gesellschaftliche Leistungen, wie die Erzeugung gesunder Lebensmittel, die ländliche Entwicklung, Landschaftsschutz und die Förderung der Biodiversität und den Erhalt der Bodenfruchtbarkeit. Diese Leistungen müssen anerkannt, von der Gesellschaft mitgetragen und angesichts der klimatischen und ökologischen Krise im Sinne der Nachhaltigkeit stark gefördert werden. Dem Schutz der Ressourcen und der natürlichen Kreisläufe kommt dabei eine hohe Bedeutung zu.

Uniterre setzt sich gemeinsam mit der internationalen Bäuerinnen- und Bauernbewegung «La Via Campesina» für die Ernährungssouveränität ein. Wir möchten die Landwirtschaft- und Ernährungspolitik so gestalten, dass sie unseren Bedürfnissen entspricht – demokratisch, gleichberechtigt und selbstbestimmt: Ein lokales, nachhaltiges und vielfältiges Ernährungssystem mit würdigen, fairen Arbeitsbedingungen und gerechten Preisen.

Die Agrarökologie prägt die Arbeit von Uniterre und La Via Campesina und vereinigt überliefertes Wissen mit der Verteidigung der bäuerlichen Rechte. Letztere umfassen den Zugang zu Saatgut, Land, Wasser und anderen Gemeingüter. Wir verstehen Agrarökologie als gesamtgesellschaftlichen Prozess. Die Initiativen für Agrarökologie, Ernährungssouveränität und die UN-Deklaration zu bäuerlichen Rechten (UNDROP) sind konkrete Resultate des bäuerlichen Einsatzes für Gerechtigkeit. Sie bilden die aktuellen Grundlage der politischen Arbeit von Uniterre.

Die Freihandelsabkommen schaden der Landwirtschaft weltweit. Wir fordern deshalb, dass der heimische Markt vor billigen Nahrungsmittelimporten geschützt wird und Agrargüter von Freihandelsabkommen ausgenommen werden. Wir sind auf grenzüberschreitenden Handel angewiesen, dieser ist aber an fairen und ökologischen Standards auszurichten und nicht an Dumpingpreisen. Die Versorgung der Bevölkerung durch inländische Lebensmittel hat Vorrang.

Die Einkommenssituation der Landwirt*innen ist zu verbessern. Gerechte Preise, langfristige Abnahmeverträge mit verbindlichen Mengen und Preisen sichern zukunftsfähige Investitionen gerade auch punkto Ökologie und Tierwohl. Der tatsächliche Bedarf der Bevölkerung, der möglichst direkt bedient wird, ist unser Ziel und nicht der durch Grossverteiler und wenige Verarbeiter dominierte Markt. Die Lebensmittelpreise dürfen hierbei nicht zum Spielball einer verfehlten Sozialpolitik werden.

Frauen hier und überall sonst auf der Welt haben einen sehr schlechten Zugang zu Land. In der Schweiz werden gerade mal 6 % der Höfe von Frauen geführt oder mitgeführt. Deshalb fordern wir: Mehr Menschen und nicht immer weniger Menschen auf die Höfe! Die Arbeit soll auch in der Landwirtschaft auf mehr Menschen gleichberechtigt verteilt werden, auf Männer, Frauen und junge Menschen.

Landwirtschaft mit Zukunft heisst für uns, dass Menschen in der Landwirtschaft, im Lebensmittelhandel, der Gastronomie und der Verarbeitung ein Auskommen finden und somit ein würdiges Leben für alle ermöglicht wird.

Unsere Bewegung ist dabei auch ein Brückenschlag zum globalen Süden. Die weltweite Verarmung der Bäuerinnen und Bauern, die Saatgutmonopolisierung, die Landnahme und Vertreibung und die Billigexporte aus dem Norden untergraben auch dort die Ernährungssouveränität und zerstören die bäuerliche Lebensgrundlage, Flucht und Migration sind die Folgen. Wir sagen Schluss damit!

Maria Jakob, Ursina Töndury und Mathias Stalder, Uniterre / Pressekonferenz Landwirtschaft mit Zukunft vom 18. Februar 2020