Donnerstag, 01 März 2018
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Herbst 2016, sieben Neuenburger Bürger lancieren ihre Initiative "Für eine Schweiz ohne synthetische Pestizide". Nimmt das Volk diese Initiative an, wird jedes Pflanzenschutzmittel auf helvetischem Gebiet in einer Frist von 10 Jahren verboten.

Es waren einmal ein Professor für Bodenbiologie, ein Weinbauer, ein Unternehmer, aber vor allem Bürger. Sie haben beschlossen, in den Ameisenhaufen zu stüpfen und zwar mit einem Text, der die Schweizer Landwirtschaft revolutionieren kann. Die biologische Landwirtschaft ist zwar seit rund dreissig Jahren auf dem Vormarsch, dennoch bleiben Biobäuerinnen und -bauern eine Minderheit. 2016 kamen auf 53 000 Betriebe rund 6 300 Biobetriebe, also 12 % (Quelle: Situationsbericht SBV).

Vollständiges Verbot. Mit grosser Schlichtheit verlangt der Initiativtext ein vollständiges Verbot von synthetischen Pestiziden (darunter zu verstehen sind Pflanzenschutzmittel im weiten Sinn) in der Landwirtschaft, der Landschaftspflege und auf öffentlichem Grund ganz allgemein. Natürlich sind auch private Gärten davon betroffen. Der Text geht aber noch weiter und dehnt das Verbot auch auf die Einfuhr von landwirtschaftlichen Produkten aus (Lebensmittel, Tierfutter), die synthetische Pestizide enthalten oder mithilfe solcher hergestellt worden sind.

Ein nobles Anliegen. Der Bund hat bereits einen Aktionsplan zur Reduktion von Pflanzenschutzmitteln lanciert, was zeigt, dass das Risiko der Agrochemie allen bewusst ist. Am grössten sind die Risiken für die Verwender, also die Bäuerinnen und Bauern, die bei der Anwendung der verschiedenen Mittel tausend Vorsichtsmassnahmen treffen müssen. Risiken auch für die Umwelt aufgrund von Abschwemmung, Versickerung oder Verdunstung der Wirkstoffe und der Nebenprodukte. Risiken schliesslich auch für uns Konsumentinnen und Konsumenten, tagtäglich, wenn wir essen. Das Thema könnte sensibler nicht sein, die vielen Studien widersprechen sich und es ist nicht immer einfach, sich zurechtzufinden, denn die wirtschaftlichen Interessen sind enorm. Die Affäre mit Monsanto und seinem Glyphosat ist ein eindrückliches Beispiel.

In dieser vertrackten Lage können wir Future 3.0 zugestehen, dass sie eine extrem klare Grenze setzen und sich resolut dem Vorsorgeprinzip verschreiben. Wir können die totale Unschädlichkeit der Pflanzenschutzmittel nicht garantieren? Also verbannen wir sie! Mit derartigen Massnahmen könnten die Initianten viele Ziele erreichen. Aus dem Blickwinkel der Ernährungssouveränität ist diese Initiative in mehr als nur einer Hinsicht interessant und übernimmt auch mehrere Punkte, für die Uniterre einsteht. Die Unterstützung der Konsumenten ist für Bäuerinnen und Bauern lebensnotwendig und eine 100 % biologische Landwirtschaft kann eine gute Sache sein. Mehr Mitarbeitende anzustellen, um die zusätzliche Arbeit zu bewältigen, die Kontrolle über die Produktionsmittel in die Hände der Bäuerinnen geben, der zusätzliche Mehrwert, das alles klingt gut in den Ohren der Mitglieder von Uniterre.

Lücken. Da aber nichts ohne Fehl ist, müssen wir auch auf gewisse Lücken im Projekt von Future 3.0 hinweisen, denn es löst nicht alle Probleme:

Die zu grossen Margen der Grossverteiler im Biobereich

Eine Verteuerung der Lebensmittel - problematisch für Personen, bei denen jeder Rappe zählt. (die bessere Gesundheit schlägt sich nicht direkt auf das Portemonnaie nieder).

Der Einkaufstourismus, der unfaire Wettbewerb.

Die Schwierigkeit, qualifizierte Arbeitskräfte zu finden und anständig zu bezahlen.

Auch die Frage nach dem bäuerlichen Einkommen findet im Initiativtext leider keine Erwähnung, obwohl diese von zentraler Bedeutung ist, besonders, wenn man von den Bauernfamilien eine zusätzliche Leistung verlangt. Dennoch, die Initiative ergänzt sich gut mit der Ernährungssouveränität.. •︎



Vanessa Renfer - Bäuerin und Uniterre Sekretärin

Die Unabhängige Bäuerliche Zeitung - Februar 2018


Weitere Informationen unter www.future3.ch