In der Nähe von Genf wurde am Sonntag, den 17. April, anlässlich des internationalen Tages der bäuerlichen Kämpfe, das seit 2017 leerstehende Feld les Charrotons mit einer Kartoffel-setz-Aktion besetzt.
Der 17. April ist der Internationale Tag der bäuerliche Kämpfe, der der bäuerlichen Bewegung Via Campesina gedenkt. Er dient als Erinnerung des Massakers an 21 Bäuer·innen, welches in 1996 in Brasil stattfand. Dieser Tag wird auf der ganzer Welt zelebriert und hilft dabei auf die ununterbrochene Kriminalisierung, Verfolgung, Unterdrückung und Repression gegen die bäuerliche Gemeinschaften, Arbeiter.innen und indigenen Völker aufmerksam zu machen. Vor kurzem wurden in Kolumbien (22. Februar 2022) zwei aktive Leaders der Verteidigung von Bäuer·innen (CNA-Coordinador Nacional Agrario) vom kolumbianischen Staat ermordet.
Dieser Tag kann auch daran erinnern, dass die Via Campesina, im Rahmen einer Vision der Solidarität und Einheit zwischen allen Bäuer·innen der ganzen Welt, eine bäuerliche Landwirtschaft der Ernährungssouveränität vertritt.
In Genf wurde vor neun Jahren die Umzonung der Plaine de l’Aire Agrarland in einem kantonalen Referendum angenommen, wodurch grünes Licht für die Wohnungsbauprojekte in Plan-les-Ouates gegeben wurde. Das Referendum hat die Initiator·innen des Projekts sicherlich dazu veranlasst, statt der ursprünglich geplanten 1’500 Wohnungen, die dem jährlichen Bedarf des Kantons Genf an neuen Wohnungen entsprechen, nun 2’500 Wohnungen vorzuschlagen. Abgesehen davon: Ist es sinnvoll, dass im Kanton jährlich 60 Hektar Landwirtschaftsland deklassiert werden, um dem Bevölkerungswachstum gerecht zu werden? Es wäre gut, sich diese Frage ehrlich zu stellen und eine klare Antwort auf die Zukunft der landwirtschaftlichen Produktion in Genf und anderswo zu geben. Seit 2000 verschwinden in der Schweiz jeden Tag drei Bauernhöfe: Le Jardin des Charrotons ist einer davon. Als Ort der Gemüseproduktion in überschaubarer Größe und als Ort vieler anderer Dinge, die wir vermissen, ist die Genossenschaft 2017 ausgestorben, nachdem die nicht-landwirtschaftlichen Eigentümer des Grundstücks den landwirtschaftlichen Pachtvertrag nicht verlängert hatten. Darüber hinaus war der Staat nie bereit, die Genossenschaftsform als respektables funktionierendes Kollektiv anzuerkennen. Die Umsiedlung auf staatliches Land wurde verweigert, ohne dass ein Übergang von einer Genossenschafts- zu einer Unternehmensform stattgefunden hätte. Diese Missachtung ist uns wohl bekannt. Sie wird jedoch von einem Diskurs begleitet, der die ökologische Transformation thematisiert. Was wir in kleinbäuerlichen Strukturen tun ist gut: Wir erhalten die kultivierte Biodiversität, wir bauen verantwortungsvoll, ökologisch und sozial engagiert an. Aber wir sind nur ein pädagogisches Schaufenster in den Augen des Staates, der um nichts in der Welt ein echtes Landwirtschaftsmodell unterstützen will, das auf unseren Praktiken und Funktionsweisen beruht.
Unsere Freund·innen von l‘Atelier Paysan fordern, dass sich in den nächsten zehn Jahren eine Million Bauer·innen in Frankreich niederlassen (derzeit sind es 400.000). Wir schlossen uns ihnen an und forderten 375’000 Bauer·innen in der Schweiz im gleichen Zeitraum. Die Logik muss von nun an darin bestehen, die Anzahl der landwirtschaftlichen Betriebe zu erhöhen, die Zahl der Bauer·innen zu vergrößern und die landwirtschaftliche Produktion so nah wie möglich an diejenigen zu bringen, die die sich davon ernähren. Wir erleben das Gegenteil und haben es satt, dass die kapitalistische Logik unsere Kämpfe vereinnahmt und unsere Räume zerstört.
Sei es in Form von Druck zum Einsatz von Biochemie und neuen Technologien, Landenteignungen, kurzfristigen und prekären Pachtverträgen, Preisdruck oder administrativer Überlastung, die Bauernschaft wird von allen Seiten angegriffen: Kein Agrarland darf mehr umgezont werden, um am Ende zubetoniert zu werden!
Les Cherpines 58 Hektar, Les communaux d’Ambilly 36 Hektar, Les Grands-Esserts12 Hektar, Bernex 120 Hektar. Seit 2010 hat der Kanton Genf mehr als 226 Hektar fruchtbares Agrarland für den Wohnungsbau umgezont Während die Absicht, Land umzuzonen, weitergeht (Pré-Du-Stand in Gd-Saconnex wurde in einem Referendum 2019 mit 9 Stimmen fast umgezont; die Umwidmung von 10,7 ha in Puplinge für das Projekt Les Dardelles wurde 2020 fast durch den Grossen Rat (Grand-Conseil) gebracht; bei La Goutte de Saint-Matthieu in Bernex - 4,4 ha – in 2021 umzoniert) hat der Kanton Genf bereits durch die Umzonung, die vom Bund festgelegte Grenze für die Nutzung von Fruchtfolgeflächen (FFF) überschritten. Der Kanton ist nun gezwungen, Flächen umzuwidmen, die nichts mit landwirtschaftlicher Fläche zu tun haben (Fußballplätze, Parks, Mülldeponien...) und untergräbt damit die langfristige Arbeit zur Erhaltung fruchtbarer, lebendiger Böden.
Das Privateigentum an landwirtschaftlichen Flächen ist für die Selbstversorgung mit Lebensmitteln unsinnig. Wenn wir dieses Ziel erreichen wollen, dürfen wir die Entscheidung über die Nutzung von Agrarland nicht in den Händen von Privateigentümern belassen. Unbestellte Felder müssen kollektiv, auf Gemeinde- und Kantonsebene verwaltet werden, um die Produktion von Nahrungsmitteln für die dort lebenden Menschen zu gewährleisten. Da der Staat nicht in der Lage ist, die natürlichen und landwirtschaftlichen Lebensräume als Gemeingut zu verteidigen, ist die kollektive Besetzung eines unserer Instrumente, um dies zu erreichen.
Wir werden uns so oft wiederholen, wie es nötig ist: Wir wollen mehr Bäuer·innen auf den Feldern und mehr Felder für die Bäuer·innen! Die "Energiewende" wird nicht durch eine immer größere Anhäufung von Agrartechnologien erreicht, die angeblich die Erträge steigern. Wir brauchen keine Traktoren, die mit Satelliten verbunden sind, sondern Hände, die sich an Hacken festhalten.
Wir werden die brachliegenden Felder und leeren Bauernhöfe besetzen. Wir werden Kartoffeln anbauen und sie in unseren VOKÜs essen. Wir werden die kapitalistische Fäulnis mit so viel Kompost bedecken, dass nicht einmal die Winde überleben wird. Wir werden Millionen sein, die das Land bebauen und die alte Welt zerstören, damit die Agrar- und Ernährungsautonomie erblüht!
Genf, das Komitee des 17. April
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Das ist nur der Anfang!
Der große kollektive Tag der Kartoffelpflanzung ist gut zu Ende gegangen!
80 Menschen sind an dieserm Sonntag gekommen, um an der Pflanzung von Kartoffeln für Gemeinschaftsküchen (VOKÜ) teilzunehmen und um die Umzonung von Agrarland sowie den schwierigen Zugang zu Land zu thematisieren.
Der Landbesitzer tritt nun in Verhandlungen ein.
Wir werden euch auf dem Laufenden halten über zukünftige kollektive Arbeitseinsätze, Baustellen und andere Fröhlichkeiten !
Vive les paysan.x.s !
Es leben die Bäuer·innen!
Vive les patates !
Es leben die Kartoffeln!
Röschtis contre les frontières !
Röschtis ohni Grenze !
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Video (auf Französisch)
Im Folgenden findest du ein kurzes Video zum Internationalen Tag des Bauernkampfes, in dem du erfährst, warum und wie das ehemalige Feld den Charottons besetzt wurde.
Mehr Land für die Bäuerinnen, mehr Bäuerinnen auf dem Land!