AP 2014-2017 fertig - jetzt kommt der nächste Schritt!

Kürzlich wurden die Verordnungen für die neue Agrarpolitik verabschiedet. Die Reaktionen der betroffenen Kreise? Fatalismus, durchzogen von einer unterschwelligen Unzufriedenheit, betrübte Kommentare über die Verluste der Einen und die Gewinne der Anderen. Aber es war ja immer klar, dass sich insgesamt nichts ändert: Strukturwandel, ökologisches Mäntelchen, Verlust an Marktmacht, Grenzöffnungen, weniger staatliche Beobachtung usw. Ein Satz in der Mitteilung des Bundesamtes für Landwirtschaft (BLW) lässt uns jedoch stutzig werden.

 

Er scheint eine neue Definition für die Ernährungssouveränität gefunden zu haben: Der Grundsatz der Ernährungssouveränität wird mit den Massnahmen zur Unterstützung der Qualitätsstrategie, dem zielgerichteten Direktzahlungssystem mit spezifischen Versorgungssicherheitsbeiträgen und den Einzelkulturbeiträgen konkretisiert.“ Man kann das BLW schwerlich tadeln, wenn es ein Konzept festnagelt, zu welchem der Schweizer Bauernverband die Nägel geliefert hat. Die Originalversion stört offenbar beide.

Aber gut, sehen wir ihre Definition einmal an:

Die Qualitätsstrategie ist ein Konzept, das bisher nur in einer schönen Marketingstrategie verpackt daherkommt. Es profitieren die sogenannten Veredler, während die innere Qualität der Erzeugnisse (wie zum Beispiel die Frische) leidet. Ihre Vertreter wollen „Wettbewerbsfähigkeit durch Qualität“ erreichen und sie rühmen die „faire Qualitätspartnerschaft“ innerhalb der Wertschöpfungskette. Wer aber hat die Qualitätscharta unterschrieben? Diejenigen, die es ablehnen, einen Richtpreis für Brotgetreide festzulegen und diejenigen, die den Richtpreis für Industriemilch nicht anheben wollen.

Hoffen wir, dass die damit verbundene Verordnung, die die Verbesserung der Produktionspreise und die gerechte Verteilung der Wertschöpfung erwähnt, nicht nur ein frommer Wunsch sei.

Die Einzelkulturbeiträge wurden im Vergleich zur letzten Agrarpolitik reduziert. Tatsächlich wird das Futtergetreide attraktiver gemacht, indem sowohl der Richtpreis für Brotgetreide als auch die Anbaubeiträge für Ölsaaten und Rüben gesenkt werden. So ein Hohn!

Zu den Versorgungssicherheitsbeiträgen muss einmal mehr gesagt werden, dass Ernährungssouveränität kein Synonym von Selbstversorgung oder Autarkie ist. Die Frage ist nicht nur wie viel, sondern auch wie wir produzieren.

Daneben müssen wir festhalten, was in dieser Definition fehlt:

Den notwendigen Zugang zu Land und die Nachwuchsförderung in der Landwirtschaft. Das BLW erklärt, dass auf Stufe der landwirtschaftlichen Betriebe mit einer Stabilisierung oder sogar mit einer Zunahme des wirtschaftlichen Einkommens zu rechnen ist - weil der Strukturwandel zum Bauernsterben führt und der Kuchen von weniger Bauern geteilt wird. Schöne Aussichten! Auch hier haben die Bauernorganisationen Vorarbeit geleistet: Wenn der Präsident der Schweizerischen Milchproduzenten sagt, ein Umbau lohne sich erst ab 50 Kühen, ist das einem Freipass für den forcierten Strukturwandel.

Wohin soll das eigentlich führen? In Frankreich wird ein Stall für 1000 Milchkühe gebaut - 

soll das zum Massstab von Wettbewerbsfähigkeit werden!

In den USA existieren bereits Ställe mit 40‘000 Kühen. Auch China ist mit Volldampf daran, die industrielle Landwirtschaft voranzutreiben. Dies alles geht in die komplett falsche Richtung. Die Erfahrungen der Praktiker, sowie die Erkenntnisse von 400 Wissenschaftlern, welche im Weltagrarbericht zusammengefasst sind, sprechen eine andere Sprache.

Der Grossverteiler MIGROS schreibt in seinem neusten Magazin treffend: „Nachhaltigkeit ist für die Industrie langfristig kein Geschäft“.

Zurück zum Thema: Es wird nichts getan, um Freihandelsabkommen zu bremsen, um Exportdumping zu vermeiden oder um den Import von sozialen oder ökologischen Kriterien abhängig zu machen. Wer im internationalen Handel mehr Gerechtigkeit will, sollte die AP 2014-17 lieber vergessen.

Auch die Mengensteuerung bleibt ohne Antwort, denn der Bund ist der Ansicht, dass der Markt die Maschine von alleine schmieren wird. Nun, wir bedauern, daran erinnern zu müssen, dass die unsichtbare Hand mit den ersten Gliedern der Wertschöpfungskette sehr geizig ist ... wo bleibt also die soziale Situation der Bauernfamilien und der Landarbeiter? Es ist irreführend, wenn man die Dynamik unserer Branche einschätzt, indem man den Umsatz der Zwischenhändler, der Grossverteiler oder der 25 % besten Bauernbetriebe als Grundlage nimmt.

Lasst uns gemeinsam eine solide Grundlage bauen, damit die Bauernfamilien von der Landwirtschaft leben können, damit es Platz für zukünftige Generationen hat, damit die soziale und ökologische Umwelt respektiert wird - bei uns und ausserhalb unserer Grenzen. So lebt die Ernährungssouveränität.