Freitag, 26 Juni 2015

Donau sojaSeit Jahrzehnten vereinnahmt die Agrarindustrie die Botschaften der Zivilgesellschaft, um ihre Profite zu steigern. Und immer wieder gelingt es den Unternehmen des Agrar- und Lebensmittelsektors, mit Hilfe von NGOs die Politik zu beeinflussen. Die Donau Soja-Allianz ist einer der jüngsten Versuche, die Agenda der Industrie durchzusetzen.

 

Das Konzept der Gentechnikfreiheit wird dabei vorgeschoben. Als die Allianz 2012 in Österreich etabliert wurde, setzte sie sich das Ziel, die Abhängigkeit des europäischen Milch-und Fleischsektors von importiertem Soja (das hauptsächlich aus Südamerika kommt) wie auch den ökologischen Fußabdruck des Sektors zu reduzieren. Trotz dieser Ansprüche trägt die Initiative zu Soja-Monokulturen bei und bereitet gentechnisch manipuliertem Soja und Landgrabbing den Weg. Zudem werden öffentliche Gelder an reiche Unternehmen verteilt.

Die Mitglieder der Plattform sind unter anderem Händler und Verarbeiter der Lebensmittel- und Futtermittelindustrie, Saatgutfirmen, Forschungsinstitute und einige NGOs aus halb Europa. 

Ex-Monsanto-Manager als Repräsentant von Donau Soja in Rumänien 

Der Rumänische Ableger von Donau Soja wird von Dragos Dima, ehemaligem Monsanto-Manager angeführt. «Die [Donau Soja] Deklaration zu unterzeichnen schließt die Möglichkeit nicht aus, konventionelles Saatgut dieses Unternehmens [Monsanto] zu verwenden, wenn das Angebot konkurrenzfähig ist», erklärte Dima in einer Pressekonferenz im Jahr 2013. Dragos Dima arbeitete zudem als Manager für die Konzerne Limagrain, Agrana and Harding. Wenn die Donau Soja-Allianz den Zweck erfüllen soll, im Namen der Eiweißfuttermittelunabhängigkeit in Europa Profite für Konzerne wie Monsanto zu kreieren, ist das Argument der Gentechnikfreiheit nur eine Farce. 

Rumänien als Zielregion für Sojamonokulturen?

Wie der Name der Allianz erkennen lässt, soll Soja in der «Donau-Region» produziert werden. Auf der offiziellen Homepage der Allianz umfasst die Donau-Region zwölf Staaten in ihrer Gesamtheit (Bosnien-Herzegowina, Bulgarien, Kroatien, Moldawien, Österreich, Rumänien, Schweiz, Serbien, Slowakei, Slowenien, Tschechien und Ungarn) sowie Teile von vier anderen Staaten (Deutschland, Italien, Polen und die Ukraine).

 

Im Wesentlichen propagiert die Donau Soja-Allianz Sojamonokulturen für die Lebens- und Futtermittelindustrie in bestimmten europäischen Ländern, und zwar hauptsächlich in Rumänien.  Es ist offensichtlich, dass Rumänien das am besten geeignete Land für den Soja-Anbau darstellt, kann es doch mit mehr als zehn Millionen Hektar Ackerland aufweisen. Die anderen drei ackerbaulich signifikanten Mitgliedsstaaten der Allianz (Deutschland, Polen und Italien) sind wie erwähnt nur teilweise an der Donau-Region beteiligt.

Soja-Anbau hat bereits eine lange Geschichte in Rumänien

Gentechnisch modifiziertes Soja spielt dabei eine bedeutende Rolle und wird immer noch illegal kultiviert. Vor dem Jahr 1989, während der kommunistischen Diktatur, wurden ungefähr 500.000 Hektar Soja pro Jahr  angebaut, was Rumänien einen Platz in der Top-Liga der europäischen Sojaanbauländer einbrachte. Zudem war Rumänien das erste und einzige Land in Europa, das gentechnisch manipuliertes Soja kultivierte: 1998 wurde Round Up-resistentes Soja von Monsanto zugelassen. 2006 wurde mit 137.275,5 Hektar GM-Soja die größte in der EU je registrierte Fläche an Gentechnikkulturen verzeichnet.  

 

Rumäniens Beitritt zu EU im Jahr 2007 brachte schlechte Neuigkeiten für die Gentechnikindustrie. Der Gesetzgebungs- und Entscheidungsprozess der EU erlaubt es den Mitgliedsstaaten nicht, die kommerzielle Nutzung von GMOs auf nationaler Ebene zuzulassen. Zusätzlich bevorzugt die EU-Politik den Import von Gentechnik-Soja aus Lateinamerika, anstatt es in Europa anzubauen - aus wirtschaftlichen und politischen Gründen. Dadurch wurde Rumänien mehr oder weniger gezwungen, den Anbau von gentechnisch manipuliertem Soja zu stoppen. Die Umsetzung des Verbots wurde unglücklicherweise nur oberflächlich überwacht. Während der letzten acht Jahre haben NGOs illegales Gentechnik-Soja in unterschiedlichen Regionen (im Norden und Süden, in den Bezirken Calarasi und Botosani) identifiziert. 

 

Die Verbindungen zwischen der rumänischen Regierung und Monsanto sind gut dokumentiert. Zwei Landwirtschaftsminister haben vor ihrer Amtszeit für Monsanto gearbeitet. Valeriu Tabara (Landwirtschaftsminister von1994 bis 1996 sowie von 2010 bis 2012) arbeitete in Forschungsprojekten, die von Monsanto finanziert wurden,  Stelian Fuia (Minister im Jahr 2012) war Marketing-Direktor für Monsanto Europe, und zwar in der gleichen Zeitspanne, in der Dragos Dima, der rumänische Repräsentant von Donau Soja für Monsanto arbeitete.  

Strategiewechsel

Der Anbaustopp von Gentechnik-Soja im Jahr 2007 führte zu einem Strategiewechsel bei Monsanto. Die neue Argumentation, die durch hochrangige Entscheidungsträger verbreitet wurde, stützt sich auf die Vorteile, die Rumänien durch vermehrten Soja-Anbau erzielen kann. Der Export von Soja in andere europäische Länder wird als große Chance dargestellt.  «Rumänien importiert jährlich etwa 500.000 Tonnen Soja aus Brasilien, den USA und anderen Ländern, und zwar hauptsächlich Gentechnik-Soja.  Rumänien könnte 2 Millionen Tonnen Soja produzieren. Es ist das einzige Land in Europa, das Soja industriell herstellen kann. Gentechnisch manipulierte Produkte sind dabei 40-60% billiger als konventionelle», erklärte Valeriu Tabar im April 2011. 

Donau Soja - ein vorläufiger Kompromiss...

2013 unterzeichnete der neue Landwirtschaftsminister Daniel Constantin die Donau Soja-Erklärung und fügte in einer Presseerklärung hinzu, dass Rumänien nicht nur auf gentechnikfreies Soja setzen wolle: «Die Unterzeichnung dieser Erklärung bedeutet nicht im geringsten, dass Rumänien in Zukunft hinsichtlich Entscheidungen über den Soja-Anbau gebunden wäre». Achim Irimescu, Staatssekretär im rumänischen Landwirtschaftsministerium, erklärte im November 2013: «Solange auf EU-Ebene nicht rechtzeitig eine neue Entscheidung über gentechnisch manipuliertes Soja getroffen wird, haben wir die Version, die von Donau Soja vorangetrieben wird. Wir reden auch über eine Fördermaßnahme im Rahmen der GAP, mit der wir den Anbau von Gentechnikfreiem Soja unterstützen können». Der Standard der Donau Soja-Allianz in Bezug auf Gentechnikfreies Soja kann die Gentechnikfreiheit in Rumänien nicht garantieren, vor allem, weil das Hauptargument der Allianz -die Abhängigkeit des Mich- und Fleischsektors von Importsoja aus Übersee - im Einklang mit der Agenda von Monsanto steht. 

Soja - nichts für Bäuer_innen

Rumänien hat immer noch den lebendigsten ländlichen Raum der EU. 46% der Bevölkerung Leben auf dem Land,  4,7 Millionen Bäuer_innen wirtschaften hier. Die bäuerliche Landwirtschaft ernährt einen großen Teil der Bevölkerung. Soja wurde nie von Bauern und Bäuerinnen angebaut, und es wurde auch nicht als Futtermittel eingesetzt. Die Zielsetzungen der Donau Soja-Allianz haben nichts mit den Bedürfnissen der rumänischen Bäuer_innen - die fast die Hälfte der in der EU tätigen Bäuer_innen repräsentieren - zu tun. In ganz Rumänien ist Land zu einem Spekulationsobjekt geworden. Was die Donau Soja-Allianz vorschlägt, wird Großinvestoren dazu ermutigen, mittels Landgrabbing das Land von Millionen Kleinbäuer_innen in Monokulturen zu transformieren. Dieser Prozess wird weitreichende Folgen haben - er schwächt die ländliche Wirtschaft und verhindert die Entwicklung eines dynamischen ländlichen Raums. Die Allianz hat bereits angekündigt, Gelder aus der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) zu  lukrieren. Damit wird ein industrielles Sojaprojekt unterstützt. Kleinbäuer_innen brauchen kein weiteres industrielles Projekt, das sie noch weiter vom Markt und von öffentlichen Geldern ausschließt. 

Ecoruralis (Mitglied ECVC)

Übersetzung aus dem Englischen: Irmi Salzer, ÖBV Österrei

 

Ecoruralis

Eco Ruralis ist eine Kleinbäuer_innenorganisation in Rumänien. Unser Ziel ist es, Agrarökologie voranzutreiben und kleinbäuerliche Landwirtschaft als die vorherrschende und bevorzugte Wirtschaftsweise in Rumänien zu unterstützen. Wir unterstützen Kleinbäuer_innen dabei, sich gegen unfaire und ungerechte Aktivitäten von Konzernen und Regierungen zu verteidigen. Wir unterstützen die Bewegung von jungen Bäuer_innen, die traditionelle Landwirtschaftspraktiken erhalten und die Kontrolle über Lebensmittelproduktion und Land wiedererlangen wollen. Wir haben die Vision einer nachhaltigen, sozialen und gerechten Gesellschaft, in der Bäuer_innen die zentrale Rolle in unserem Lebensmittelsystem spielen.  www.ecoruralis.ro