Mittwoch, 19 Dezember 2012

In einer unserer früheren Ausgaben haben wir erwähnt, dass Suisseporc neuerdings dafür offen ist, die Futtermittelproduktion im Inland zu fördern. 2011 hat der Schweizerische Bauernverband (SBV) einen Bericht veröffentlicht zur Problematik der Kraftfutterimporte und zur Notwendigkeit, unseren Selbstversorgungsgrad um 15 % zu erhöhen. 

 

Im Frühling 2012 war die Reihe an Gallo Suisse mit dem Vorschlag, dass nur in der Schweiz verarbeitetes Mischfutter zur Verwendung kommen solle (importierte Rohstoffe wären nicht ausgeschlossen). Der Verein Mutterkuh Schweiz hat mutig ein Soja-Verbot ab dem 1. November 2012 beschlossen. Der SGPV und Swissgranum sind zu Recht über die Erosion der Futterflächen in der Schweiz besorgt. Ist das Schweizer Parlament imstande, das Seinige für eine Verbesserung der Lage beizutragen? Kann es die Futtermittelproduktion im Inland fördern, um unsere Importabhängigkeit zu verringern?

Im Bericht des SBV[1] werden einige Tendenzen ersichtlich: Beim Milchvieh ist der Kraftfuttereinsatz gestiegen, es sind eine Abnahme der Energieträger und eine Zunahme der Proteinträger zu beobachten. Seit 1990 hat sich der Import von Kraftfutter von 300 000 t auf 600 000 t verdoppelt, unser Selbstversorgungsgrad ist von 70 auf 50 % gesunken. Der SBV schätzt, dass es bei den Eiweissfuttermitteln eine zusätzliche Anbaufläche von 15 000 ha bräuchte, um einen Selbstversorgungsgrad von 65 % zu erreichen. Viele Wege führen zu diesem Ziel, jede Organisation hat ihren eigenen. Unsere Meinung dazu:

Bei der Tierhaltung können wir klar zwischen Wiederkäuern (Rinder, Schafe und Ziegen) einerseits und Schweinen und Geflügel andererseits unterscheiden. Die erste Kategorie sollte ihr „Glück“ relativ einfach in der Schweiz finden können. Handeln können wir auf mehreren Ebenen:

  • Die Zuchtkriterien anpassen, damit unsere zukünftigen Tiere das Rohfutter besser verwerten können.
  • So weitläufig wir möglich auf graslandbasiertes Futter umstellen. Sowieso wird die Agrarpolitik dies ab 2014 besonders fördern. Dafür hat sich auch Mutterkuh Schweiz entschieden.
  • Landwirtschaftliche Forschungsprojekte zu einheimischen Proteinträgern lancieren und die Tierzüchter von Anfang an mit einbeziehen (extensiv und intensiv je nach Produktions- und, bei Fleisch und Milch, Fütterungsart).
  • Proteinreiche Kunstwiesen entwickeln und verbessern.
  • Bildungsnetzwerke für Bäuerinnen und Bauern entwickeln, die sich an den Erfolgen und Potenzialen der inländischen Futtermittelversorgung orientieren (Fleisch- und Milchproduktion usw.).
  • Objektive Studien durchführen, um das Potenzial von extenso-Kulturen zu untersuchen, inkl. Mais und Nährwerte. Organisationen wie IP Suisse könnten Fleisch aus geschlossenen Wertschöpfungsketten anbieten (vom Feld bis in den Teller). Solche Produktionssysteme könnten ab 2014 auch mit einer agrarpolitischen Unterstützung rechnen.
  • Spezifische Förderung für Eiweisspflanzen, Ölpflanzen und Futtergetreide aus der Schweiz über die Direktzahlungen.

Bei der Geflügel- und Schweineproduktion kann es sein, dass die Inlandproduktion zurzeit nicht ausreicht. Dennoch könnten Grenzwerte für den Inlandanteil festgelegt werden. Daraus könnte sich eine wahre Swissness im Interesse der Branchen und der Konsumenten herausbilden. Unserer Ansicht nach besteht ein grosses Potenzial, um die Konsumenten mittelfristig von einem nachhaltigeren Konsum zu überzeugen: grundsätzlich weniger Fleisch, dafür mehr aus Schweizer Produktion; ein wenig teurer, dafür bessere Qualität. Am Beispiel Schweinefleischproduktion ist ersichtlich, dass es sich für die Bauern nicht lohnt, auf Massenproduktion zu setzen.

Man müsste nachforschen, ob die Nahrungsmittel seit dem Verbot der Schweinesuppe am 1. Juli 2011 ein nutzbringendes Ende finden. => Vorstand.

Übersicht: Produktionskapazität und Importe

Der Jahresbericht 2011-2012 des Schweizerischen Getreideproduzentenverband (SGPV) beleuchtet den kritischen Aspekt unserer Aussenhandelsbilanz:

  • Zwischen 1990 und 2012 ist die Fläche für Futtergetreide von 108 500 ha auf 64 500 ha gesunken, das ist ein Rückgang von 40 %.
  • Bei den Eiweisspflanzen und Ölsaaten ist die Tendenz nicht rückläufig, aber die Inlandproduktion ist schon lange marginal und reicht bei Weitem nicht aus, um unseren Bedarf an Futtermittel zu decken.
  • Der Import von Futtergetreide in Tonnen hat im gleichen Zeitraum (11 Jahre) um 138 % zugenommen. Beim Futterweizen beträgt die Zunahme 130 %, bei der Futtergerste 44 %, beim Körnermais 720 %, wobei der Import seit 2006, also in den letzten sechs Jahren, um 165 % gestiegen ist. Dabei darf die „Rolle“ des Grenzschutzes beim Mais nicht vergessen gehen. Es ist auch interessant zu versuchen, eine Parallele zwischen der Zunahme der Maisimporte und dem frühzeitigen Ausstieg aus der Milchkontingentierung zu ziehen.
  • Bei den Schroten (vor allem Soja-, Raps- und Sonnenblumenschrot) beträgt die Zunahme in zehn Jahren 194 %, das Soja ist dabei einsam an der Spitze.

Zurückverlagerung der Verarbeitung

Über längere Zeit hinweg gab es bei Verarbeitungseinheiten (Ölmühlen, Getreidemühlen usw.) viele Zusammenlegungen/Rationalisierungen. Obwohl diese Entwicklung für die „bedeutenden Absatzkanäle“ nützlich ist, kann sie gewisse Erwartungen bezüglich der Rückverfolgbarkeit nicht erfüllen. Die Einheiten sind zu gross, zu weit von den Produktionsstätten entfernt. Parallel zu diesen Strukturen muss deshalb der Aufbau von kleineren Lager- und Verarbeitungsstätten ins Auge gefasst werden. So können notfallmässige Lagerräumungen vor der Ernte vermieden werden - und der damit einhergehende Druck auf die Preise. Gleichzeitig können massgeschneiderte Systeme aufgebaut und Synergien zwischen Futtermittelproduzenten und Tierzüchtern derselben Region gefunden werden.

Zukunftsperspektiven: inländische Grundlagen!

2010 hat Uniterre an verschiedene Organisationen appelliert (darunter SGPV, IP Suisse, SMP, Suisseporcs, SBV), um einzuschätzen, wie gross das Interesse an einer massgeblichen Förderung von Produktion und Einsatz inländischer Futtermittel ist. Zurzeit ist Soja im Vergleich mit anderen Kulturen wie Raps oder Weizen finanziell nicht interessant; der Sojapreis müsste um 40-50 % steigen, damit eine vergleichbare Bruttomarge erzielt wird. Lupinen, Eiweisserbsen oder Ackerbohnen sind noch schlechter positioniert. Natürlich kommen nur Lösungen infrage, bei denen diese Kulturen rentabel angebaut und zu einem attraktiven Preis an die Tierzüchter verkauft werden können. Aus diesem Grund lohnt es sich, über ein Finanzierungssystem nachzudenken, das über die Einzelkulturbeiträge hinausgeht. Beispielsweise die Umverteilung einer Abgabe auf alle Handelsfuttermittel (aus dem In- und Ausland). Vor zwei Jahren ist dieser Vorschlag bei den genannten Organisationen auf wenig Interesse gestossen. Wir sind dennoch überzeugt, dass die Idee näher untersucht und je nach Ergebnissen angepasst und verbessert werden sollte. Im Auftrag der Branchenorganisationen könnte der SBV oder das BLW verschiedene Varianten prüfen. Wir sollten nicht davor zurückschrecken, neue Wege zu begehen. In diesem Bereich können Abklärungen zu einer Lösung von und für die Branche führen. Tabus sind fehl am Platz, es geht darum, Lösungen zu finden, damit die Bauernfamilien zusammen arbeiten können. Futtermittelpreise und Produktionskosten in den Fleischbranchen sollten kein Argument sein. Wie in dieser Zeitschrift schon mehrmals erwähnt, geschieht die Auslagerung der Futtermittelproduktion nach Übersee auf Kosten der dortigen Bauernfamilien, die unter den brutalen Machenschaften der Exportindustrie leiden. Das ist ethisch nicht vertretbar.

Ein anderer Streitpunkt, den die Produzentenorganisationen miteinander lösen können, ist der Grenzschutz vor Importen zu Dumpingpreisen: Der Grenzschutz kann erhalten oder sogar verstärkt werden. Das ist bei der Ernährungssouveränität anerkannt. Der systematische Abbau des Grenzschutzes für Futtermittel hat die Attraktivität der Inlandproduktion stark geschwächt. Dabei können gerade solche Abgaben dazu verwendet werden, um die Futtermittelproduktion im Inland zu fördern.

Aus diesen Gründen erneuern wir unseren Appell an die Branchenorganisationen der Schweiz: Eingedenk der Änderungen in der Agrarpolitik wären inländische Grundlagen für die Produktion und den Einsatz von Futtermitteln 2013 sehr willkommen!

Valentina Hemmeler Maïga



[1] Stärkung der Versorgung mit Schweizer Kraftfutter, Bericht der Arbeitsgruppe Futtermittel, SBV, September 2011