Montag, 24 März 2014

Presse-Erklärung : Einreichung der Unterschriften für die Spekulationsstopp-Initiative der JUSO.

24.03.2014. Verantwortung übernehmen - international und solidarisch

Wir Bauern und Bäuerinnen sehen mit Sorge in die Zukunft. Bäuerliche Strukturen werden weltweit zerstört. Böden werden von Grosskonzernen aufgekauft, welche dann mit den Ernten an den Börsen spekulieren. Somit wird Nahrung vermehrt zum Spielball von wenigen grossen Multis. Dieser Zockerei kann die Schweiz mit Annahme der Initiative nicht generell einen Riegel schieben, aber wir können doch mit gutem Beispiel voran gehen und dem Markt Regeln auferlegen.

Die Spekulation mit Nahrungsmitteln und Rohstoffen ist einer der gröbsten Auswüchse der Entwicklung auf dem Finanzplatz.

Die Schweiz spielt eine Schlüsselrolle in Nahrungsmittelspekulation. Sie ist Sitz einer grossen Anzahl von Unternehmen in der Rohstoff- und Finanzbranche. 50% des Kaffees, 50% des Zuckers, 35% des Getreide (darunter Reis) und der Ölpflanzen allein schon im Genferseebogen. Global gesehen, werden mehr als ein Viertel der landwirtschaftlichen Rohstoffe über die Schweiz gehandelt. Warum? Der Finanzvorteil des Steuerparadieses Schweiz, der spezialisierte Finanzplatz und die Geheimhaltung sowie die Diskretion bieten nur Vorteile für die Multis. Spekulanten haben den Markt destabilisiert. Ihr Ziel, ein Maximum an Profit in einem Minimum an Zeit. Wenige 100 Unternehmungen kontrollieren 70% der Entscheidungen, die unsere Nahrung und Ressourcen (Wasser, Boden, Saatgut) betreffen. Die Investitionssummen auf den Terminbörsen von z.B. Getreide haben sich in den letzten 7 Jahren um das 30-fache vervielfacht.

Die Lebensmittelkrise von 2007-2008 verdeutlichte das strategische Gewicht und die Abhängigkeit vom Zugang zu Nahrungsmitteln. Die brutale Hausse der Preise, ausgelöst durch die Spekulation an den Börsen, führte zu den „Hungerkrisen“, von welchen hauptsächlich Länder im Süden betroffen waren. PolitikerInnen beginnen den Bedarf der Bewahrung aller Formen von Landwirtschaft zu erkennen. Gleichzeitig hat die Krise Investitionen in den Agrarsektor attraktiver gemacht und Landgrabbing, grossflächige Monokulturen und industrielle Tierhaltung gefördert - auf Kosten kleiner bäuerlicher Betriebe.[1]

Die Bäuerinnen und Bauern, aber auch die KonsumentInnen, können heute dieses System nicht beeinflussen und das Recht auf Zugang zu Nahrung, Boden und Wasser wird diesem Wildwuchs geopfert.

Bürgerinnen und Bürger wünschen fairen Handel und erwarten, dass auch der Bund soziale und ökologische Verantwortung übernimmt. Im Jahr 2014, das von der UN zum internationalen Jahr des bäuerlichen Familienbetriebes erklärt wurde, werden bäuerliche Betriebe und Familienbetriebe gefeiert. Dies steht in hartem Kontrast zu politischen Entscheidungen auf globaler Ebene. Entscheidungen, die vom Finanzsektor, von „Frei“-handel, Wettbewerb und Wachstum bestimmt werden. In der Schweiz werden von der Politik keine relevanten Lösungsansätze entworfen.

Anstatt durch faire Preise und staatliche Marktregulationen gerechten Handel zu ermöglichen, gehen die PolitikerInnen vor den Konzernen in die Knie und halten weiterhin an der neoliberale Marktwirtschaft fest.

Wir gratulieren den JUSOs Schweiz zum Sammlungsresultat und unterstützen das Anliegen auch in Zukunft.

Presse Kontakte:

Ulrike Minkner, u.minkner@uniterre.ch, 032 941 29 34 / 077 401 88 72 Vize Präsidentin (d/f)

Valentina Hemmeler Maïga, v.hemmeler@uniterre.ch, Gewerkschaftsekräterin, 079 672 14 07 (f/d)



Mehr dazu im Schlussbericht von Olivier de Schutter, Sonderberichterstatter der UNO für das Recht auf Nahrung: La démocratie et la diversité peuvent remettre sur pied les systèmes alimentaires défaillants