Man kann von der Landwirtschaft leben - ausser, man ist Bauer!
Die Zahlen sind eindeutig: In der Schweiz sind weniger als 0,3 % der Bevölkerung damit beschäftigt, die Erde zu bestellen und Vieh zu züchten. Wir sind nicht zahlreich und wir werden immer weniger. Die Bauernhöfe verschwinden im erschreckenden Rhythmus von 3 pro Tag ; die Jungen wandern ab in die Stadt in der Hoffnung auf ein leichteres Leben - bis auf einige Wenige, die angefressen sind, oder verrückt, oder beides.
Der bäuerliche Alltag ist hart für jene, die nicht nur den Traum von Unserer kleinen Farm träumen, so wie ich selbst als kleines Stadtmädchen, als ich noch meine Schulferien auf dem Bauernhof verbrachte. Der bäuerliche Alltag ist hart, körperlich und geistig, phasenweise sogar erschöpfend und dennoch sind wir, zusammen mit rund 153’000 anderen Unbeugsamen auf 53’000 Bauernhöfe, treu auf dem Posten.
Im Gegenzug verlangen die Bäuerinnen und Bauern heute etwas: ihrer Hände Arbeit soll es ihnen ermöglichen, anständig zu leben. Es ist schon erstaunlich, dass eine so selbstverständliche Sache bei der Bevölkerung so viel Erstaunen, Geringschätzung oder Unwillen auslösen kann. In den sozialen Netzwerken wird derzeit eine kleine Illustration verbreitet: Da steht ein Bauer mit seiner Gabel und erklärt: « Ich will einfach von meiner Arbeit leben können ». Sein Gesprächspartner (ein Käufer, ein Industrieller, ein Politiker? Die Antwort steht dem Betrachter frei) antwortet: « Seien Sie doch vernünftig, es gibt schon zu viele Menschen, die von Ihrer Arbeit leben! »
Wie so oft sagt eine kleine Karikatur mehr als tausend Worte. Die „Landwirtschaft“, in der Schweiz und vielen anderen so genannt industrialisierten Ländern, das sind nicht nur Bäuerinnen und Bauern. Von denjenigen, die mit der Gabel arbeiten, hängen unzählige Berufe ab: die Angestellten des BLW und der Landwirtschaftskammern, die Kantonstierärzte/ innen, die Lehrbeauftragten in den Landwirtschaftsschulen, die Forscher/ innen in den Forschungsanstalten und natürlich auch alle Abnehmer und Zwischenhändler der Nahrungsmittelindustrie und viele andere. Darunter gibt es solche, die ihren Lebensunterhalt mehr als ehrenhaft verdienen, mit Jahreseinkommen, die ein Bauer in 4 Jahren nicht erwirtschaftet (mit 60-70 Arbeitsstunden die Woche, Nota bene)!
Bauersleute gibt es seit der Entstehung unserer Welt, also seit unsere Vorfahren gelernt haben, das Land zu bestellen und Vieh zu halten. Sonst gäbe es die Menschheit nicht mehr. Wenn man uns heute immer wieder sagt, die Landwirtschaft sei teuer und die Lebensmittel in der Schweiz unerschwinglich, müssen wir wirklich glauben, die Bäuerinnen und Bauern seien schuld daran? Die vielen Berufe, die ich aufgezählt habe, sind natürlich auch wichtig, kein Zweifel, aber sie sind auch mit Kosten verbunden. Die administrative Maschine ist riesig und ihr Appetit ist unersättlich! Wie absurd es ist, dass auf jeden Bauernhof 5 Angestellte kommen, die einen dem schweizerischen Niveau entsprechenden Lohn erhalten, während der Bauer, die Bäuerin irgendwo im Abseits von den Brosamen lebt, die vom Tisch fallen!
Vanessa Renfer, Bäuerin, Mitglied Uniterre Vorstand (Sektion Neuenburg)
Übersetzung: Stefanie Schenk
veröffentlicht in Uniterre Zeitschrift - März 2017 (französische Ausgabe)