Sonntag, 15 Oktober 2017
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Presseerklärung Uniterre und Allianz für Ernährungssouveränität.

Die internationale Bauernbewegung « La Via Campesina » hat den 16. Oktober gewählt, das Konzept der Ernährungssouveränität bekannter zu machen. Es ist nur natürlich, dass wir uns dem diesjährigen Aufruf anschliessen für den Schutz des Lebens, des Landes und der Regionen. Unsere Volksinitiative greift diese essenziellen Punkte auf.

Das Land: ein wertvolles und schützenswertes Gut

Der Boden ist die Arbeitsgrundlage der Bauernfamilien; ein lebendiges Element, dessen Reichtum und Fruchtbarkeit wir unbedingt erhalten müssen. Fruchtfolgeflächen sind die Böden, die wegen ihrer Lage, Tiefgründigkeit, Struktur und Wasserspeichervermögen über längere Zeit hohe Erträge liefern könnten ohne Schaden zu nehmen. Sie geniessen einen speziellen Schutz: jeder Kanton muss eine bestimmte Quote dieses Kulturlandes, das Anfang der 90‑er Jahre bestimmt wurde, erhalten. Doch die Reserven, die damals zurückgestellt wurden, sind bald erschöpft. Bei der Interessenabwägung wird der Notwendigkeit, Land für die Produktion von Lebensmitteln zu erhalten, oft weniger Gewicht gegeben als dem Bedarf an Wohnungen, Strasseninfrastruktur oder wirtschaftlicher Entwicklung. Und dennoch, wollen wir auch nur die Hälfte unserer Lebensmittel selber erzeugen, müssen wir sparen, nicht verschwenden. Wir könnten: Städte nach Innen bauen und intelligent verdichten anstatt immer weiter auszudehnen, weniger invasive Transportmittel finden, das grenzenlose Wachstum gewisser Regionen in Frage stellen. Jede Person muss sich bewusst sein, dass Land ein wertvolles Gut ist, das uns geliehen wurde bevor es an die kommenden Generationen übergeht.

Eine lebendige Region: mehr Hände, mehr Herz und mehr Köpfchen für jede Hektare

Wir bekräftigen unsere Überzeugung, dass es im primären Sektor mehr Mitarbeiter braucht, um den Erwartungen der Bevölkerung gerecht zu werden. Unsere Initiative will eine tiefe Veränderung anstossen. Seit 1990 sind 40 % der Bauernhöfe verschwunden und 100 000 Arbeitsstellen verloren; das ist menschlich nicht mehr tragbar. Auch wenn die Technik den Stellenverlust teilweise wettmachen kann hat diese Entwicklung gravierende Konsequenzen: stärkere Verschuldung, nicht übernehmbare Strukturen (die nötigen Investitionen sind zu gross), Verlust an sozialen Beziehungen. Unsere Initiative will, dass die Wertschöpfung zwischen allen Akteuren der Lebensmittelkette gerecht verteilt wird. Wenn das erste Glied der Kette, also die Bauernfamilien und ihre Angestellten, ein gerechtes Einkommen haben, können sie auch wieder Arbeitsstellen schaffen und auf Menschen, statt auf Hektaren, setzen.

Es gibt heute nicht nur eine Landwirtschaft, sondern verschiedene Landwirtschaften. Neue Formen der Zusammenarbeit sowie die unterschiedlichen Strukturen (klein, mittel, gross, bio, konventionell) sollten gefördert, nicht gebremst, werden. Dies ermöglicht einer neuen Generation den Einstieg in die Landwirtschaft. Ein Wirtschaftssektor, welcher die Nachfolge nicht fördert und sich nicht an die neuen Gegebenheiten anpasst, stirbt!

Hand in Hand für einen dynamischen ländlichen Raum

Wir rufen dazu auf, den direkten Handel zwischen Bäuerinnen, Bauern, Konsumentinnen und Konsumenten, sowie die Verarbeitung in den Regionen zu fördern. Die kleinen Betriebe, welche landwirtschaftliche Erzeugnisse verarbeiten (Mühlen, Ölmühlen, Schlachthäuser, Metzgereien, Molkereien, Käsereien usw.), sind wichtige Akteure für die regionale Wertschöpfung. Wenn ihre Präsenz im landwirtschaftlichen Raum gestärkt wird, führt dies nicht nur zu einer besseren Rückverfolgbarkeit, sondern auch zur Schaffung von Arbeitsstellen in einem Wirtschaftssektor, der bereits allzu stark zentralisiert und umstrukturiert wurde.

Wir sind überzeugt, dass der Aufbau regionaler Wirtschaftskreisläufe die Innovation vorantreibt; ein wünschenswerter Impuls für unsere Bevölkerung, welcher die Herkunft der Lebensmittel, ihre Produktionsart sowie die damit zusammenhängenden Konsequenzen für Mensch, Tier und Umwelt am Herzen liegt.


Ausschnitt aus der Volksinitiative: « Für Ernährungssouveränität. Die Landwirtschaft betrifft uns alle. »

Absatz 3

Der Bund trifft wirksame Massnahmen mit dem Ziel:

a. die Erhöhung der Zahl der in der Landwirtschaft tätigen Personen und die Strukturvielfalt zu fördern;

b. die Kulturflächen, namentlich die Fruchtfolgeflächen, zu erhalten, und zwar sowohl in Bezug auf ihren Umfang als auch auf ihre Qualität;

Absatz 5

Der Bund nimmt namentlich folgende Aufgaben wahr:

c. Er stärkt den direkten Handel zwischen den Bäuerinnen und Bauern und den Konsumentinnen und Konsumenten sowie die regionalen Verarbeitungs-, Lagerungs- und Vermarktungsstrukturen.

http://www.souverainete-alimentaire.ch/in/de/