Montag, 15 März 2021
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Die vom Bundesrat empfohlene generelle Ausrichtung der Agrarpolitik PA22+ basiert auf der Feststellung, dass die Schweizer Landwirtschaft nicht ausreichend produktiv und wettbewerbsfähig sei. Die von der Regierung vorgeschlagenen Lösungen sind der Ausbau von Strukturen und Spezialisierung sowie eine Steigerung der Produktivität. Der Abbau von Zöllen durch Freihandelsabkommen soll das Problem der Wettbewerbsfähigkeit lösen. Der Entwurf der AP22+ verstärkt die Widersprüche der aktuellen Agrarpolitik, er stellt das System nicht in Frage, das de facto weder nachhaltig noch sozial sein kann, weil sein Hauptprinzip darin besteht, zu den geringst möglichen Kosten zu produzieren. Das Projekt entkoppelt Produktion, Soziales und Ökologie, während die aktuellen Herausforderungen ein Umdenken des Systems erfordern würden, denn sie tragen dem Verfassungsauftrag der Nachhaltigkeit derzeit keine Rechnung.

Das Betriebseinkommen liegt 30% unter dem Durchschnittseinkommen und beträgt Fr. 4'550-, bei einem Stundenlohn von weniger als Fr.20.-. Die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe in der Schweiz erodiert mit einer Rate von 2 bis 3 Betriebsaufgaben pro Tag und mehr als 100.000 Arbeitsplätze sind in 20 Jahren verloren gegangen. Der Trend zur Industrialisierung und Spezialisierung nimmt auf Kosten der Umwelt zu. Die Landwirtschaft entwickelt sich tendenziell unabhängig von der Tragfähigkeit der vorhandenen natürlichen Ressourcen. Der Verlust der Bodenqualität ist eine Folge davon. Dieser Trend verschlechtert die Energiebilanz der Produktion, erhöht den Einsatz von importierten Betriebsmitteln und hat negative Auswirkungen auf das Klima, die Umwelt, die Artenvielfalt und die Wasserqualität: Es ist eine Sackgasse!

Die Zurückweisung der AP 22+ sollte unsere Regierung in die Lage versetzen, ein Projekt zu präsentieren, das die verschiedenen Säulen der Nachhaltigkeit wirklich in eine langfristige Vision für Landwirtschaft und Ernährung integriert. Dieser Bericht über die künftige Entwicklung der Agrarpolitik muss die Entwicklung von kurzen Kreisläufen ernsthaft berücksichtigen und Massnahmen zur Reduzierung der Lebensmittelverschwendung vorschlagen

Die Debatten zeigen deutlich die Sorgen und Forderungen der Bürgerinnen und Bürger, veranschaulicht durch die Volksinitiativen zum Trinkwasserschutz, Futtermittelproduktion, zum Einsatz von Pestiziden und zur Tierhaltung. Diese Debatten müssen in die neue Agrarpolitik einbezogen werden. Es sollte nicht vergessen werden, dass die wirtschaftliche Planung in der Landwirtschaft über lange Zeithorizonte erfolgt. Der Vierjahresrhythmus der agrarpolitischen Reformen ist bereits viel zu schnell. Aus diesem Grund können wir den Vorschlag, die Laufzeit des Finanzrahmens auf zwei Jahre zu verkürzen, nicht akzeptieren. Um auf die fehlenden landwirtschaftlichen Einkommen, die steigenden Preise und die zunehmende Nachfrage zu reagieren, unterstützt Uniterre eine Erhöhung des Finanzrahmens um Fr. 186 Mio.

Mittelfristig schlägt Uniterre die Durchführung eines "Etats généraux de l'Agriculture" vor, der die verschiedenen Akteur*innen in einem partizipativen, transparenten und demokratischen Prozess zur Neuausrichtung der Ernährungspolitik auf der Grundlage der Erklärung der Vereinten Nationen über die Rechte der Bauern und anderer in ländlichen Gebieten arbeitender Menschen (UNDROP) zusammenführt

Kurzfristig und als Antwort auf die aktuellen Diskussionen im Parlament sind die Vorschläge von Uniterre wie folgt:

Wir unterstützen die weitere Förderung von emissionsmindernden Ausbringtechniken. Anreize für den Einsatz von Schleppschlauchsystemen sollten beibehalten werden. Eine Verpflichtung zur Nutzung dieses Systems ist jedoch abzulehnen, da sie mit Kosten verbunden wäre, die sich viele Betriebe nicht leisten können. Ausserdem ist dieses System für die Topographie vieler Gebiete (Hanglage, steil oder klein) nicht geeignet. Die Verdichtung des Bodens durch das Gewicht der eingesetzten Maschinen ist entscheidend und muss beachtet werden.

Mineralstoffverluste müssen im nachgelagerten Bereich minimiert werden, insbesondere durch die Wahl geeigneter Aufstallungssysteme in Abhängigkeit von der Anzahl der Tiere im Betrieb und der Fläche des Betriebes. Dies beinhaltet den Einsatz von Hofdünger. Die Preiswahrheit muss wiederhergestellt werden, wobei die Externalisierung von Umweltkosten durch den Import von Düngemitteln und anderen Betriebsmitteln berücksichtigt werden muss. Eine nachhaltige Landwirtschaft, deren Produktivität durch die vorhandenen natürlichen Ressourcen und die Autonomie der Betriebe bestimmt wird, ist ohne eine Neuanpassung der Preise an die Produktion nicht denkbar.

In dieser Perspektive befürwortet Uniterre die Organisation eines geordneten Ausstiegs des Glyphosats und fordert die Mittel, um die landwirtschaftliche Forschung nach Alternativen zu stärken und die Bäuerinnen und Bauern bei diesem Übergang zu begleiten. Und die Schweizer Agrarproduktion darf nicht in Konkurrenz zu Produkten gesetzt werden, deren Produktionsmethoden weniger anspruchsvoll sind.

Die Freihandelsabkommen sind ein Beispiel für diese Sackgasse. Sie stärken die Interessen des Agrobusiness auf Kosten der Bäuerinnen und Bauern im globalen Süden und der Schweiz. Sie haben gravierende Auswirkungen auf das Klima und die Umwelt in Drittländern und verletzen die Rechte der Bauern und Bäuerinnen. Aus all diesen Gründen müssen landwirtschaftliche Produkte von Freihandelsabkommen ausgeschlossen werden! Angefangen beim Freihandelsabkommen mit dem Mercosur, das dem fakultativen Referendum unterstellt werden muss.