Freitag, 20 Mai 2022
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Schreiben an die Revisionsstelle für die landwirtschaftliche Ausbildung, die Ausbildung, die derzeit überarbeitet wird.

Uniterre findet es unerlässlich, dass künftig bei der Grundausbildung der Biolandbau und andere alternative Anbauformen wie z. B. die Agrarökologie oder Agroforst besser miteinbezogen werden.

Die Landwirtschaft ist ausserordentlich komplex geworden. Die Aufgabe der landw. Ausbildung ist es, die angehenden Landwirtinnen und Landwirte optimal auf die vielfältigen Aktivitäten auf ihren künftigen Betrieben vorzubereiten. Das sind natürlich die Produktionstechniken in den verschiedenen Betriebszweigen, Betriebswirtschaft, aber auch Kenntnisse im administrativen Bereich (Recht, Buchhaltung, Steuern etc.). Es wird zudem immer wichtiger, Themen wie Nachhaltigkeit, Erwartungen von Seiten der Konsumentenschaft, Tierwürde, Preiskampf/Preisgestaltung etc. mit der Praxis abzugleichen.

Wir müssen den Lernenden eine möglichst breite Palette an Rüstzeug mit auf den Weg zu geben, um sie zu befähigen, auch künftige Herausforderungen wie Klimawandel, Erhaltung der Bodenfruchtbarkeit, Umweltprobleme, Schwund der Biodiversität etc. zu meistern. Sie müssen aus einer Auslegeordnung jene Unternehmensstrategie herauspicken oder zusammenstellen können, die ihnen am besten entspricht.

Eine Ausbildung, die ihres Namens würdig ist, muss die Lernenden darüber hinaus auch befähigen, vorausschauend neue Mittel und Wege zu entwickeln, um aus den üblichen Trampelpfaden auszubrechen.

Epidemien bei Tier und Mensch und der Krieg in der Ukraine (aber auch anderswo) zeigen uns auf, dass wir nicht mehr blind auf den Import von billigen Dünge- und Futtermittel zählen können. Wir müssen zu mehr Resilienz, Nachhaltigkeit und Autonomie finden. Alternative Anbauformen wie Biolandbau und Agrarökologie zeigen dazu wichtige Wege und Möglichkeiten auf.

Viele Menschen möchten sich in diesem Bereich ausbilden. So entstehen gegenwärtig verschiedene autonome Lehrgänge im biologischen Gemüseanbau, mit Hunderten von Lernbegierigen auf der Warteliste, weil die entsprechende Ausbildung bisher schlichtweg gar nicht angeboten wurde!

Man mag uns erwidern, dass die Konsumentenschaft derzeit mehrheitlich gar nicht bereit ist, den entsprechenden Aufpreis für Bioprodukte und andere Labels zu bezahlen. Das ist zwar nicht falsch, doch wird hier das Pferd beim Schwanz aufgezäumt: Nicht das Bio ist zu teuer. Sondern die konventionellen Produkte sind zu billig, weil deren ökologischer, sozialer und volksgesundheitlicher Fussabdruck nicht im Preis enthalten ist, sondern auf die Allgemeinheit abgewälzt wird.

Im Übrigen darf und soll eine gesunde und ausgeglichene Ernährung mehr als nur die derzeitigen 7 % des Haushaltbudgets beanspruchen können!

Wir zählen darauf, dass die Organisation der Arbeitswelt OdA AgriAliForm diese Notwendigkeit der Öffnung und Neuorientierung erkennt und in der laufenden Ausbildungsreform auch entsprechend einfliessen lässt, nicht nur in den ersten beiden Ausbildungsjahren, sondern auch in den nachfolgenden Spezialisierungen.

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