Die Branchenorganisation Milch (BOM) hat eigentlich die Aufgabe, den Milchmarkt zu verwalten. Sie hat es jedoch bis jetzt nicht geschafft, ihre eigene Geschäftsordnung durchzusetzen (vgl. Anhang S. 2-3). Trotz bedeutender Produzentenbeiträge[1] ist es den Schweizer Milchproduzenten (SMP bzw. Swissmilk), dem Interessenvertreter der Schweizer MilchproduzentInnen, bisher nicht gelungen, eine Milchpreiserhöhung zu erwirken. Dies obwohl anlässlich der aktuellen Butterknappheit das Terrain dafür günstig wäre. Der durchschnittliche Milchpreis deckt aktuell nicht einmal die Hälfte der effektiven Produktionskosten[2]. Zudem hält die SMP 34 Prozent der Anteile der Branchenorganisation Butter und hat damit indirekt die Einfuhrrechte für die ersten 1000 Tonnen Butter miterworben. Da fragt man sich: Wie kann die SMP da noch die Interessen der MilchproduzentInnen verteidigen? Der Interessenkonflikt ist offensichtlich und verhindert eine ehrliche Verteidigung der MilchproduzentInnen (vgl. Anhang S. 5-6). Zudem stellt sich die Frage: Vertreten die Verantwortlichen unserer regionalen Organisationen wie z. B. Prolait oder Genossenschaft Zentralschweizer Milchproduzenten (ZMP) wirklich ihre Mitglieder – oder sind sie befangen (vgl. Anhang S. 9-10)?
Die aktuelle Situation dauert schon viel zu lange an und zerstört die Molkereimilchbranche in der Schweiz. Ausgeblutet und enttäuscht werfen die MilchproduzentInnen reihenweise das Handtuch. 1995 zählte die Schweiz 44'360 Milchbäuerinnen und Milchbauern, 2019 waren es noch 19'048. Das entspricht einem Rückgang von mehr als 50 Prozent innerhalb von fast 25 Jahren. Die Öffnung der «Weissen Linie», d. h. die Abschaffung der Zölle auf Milchprodukten, scheint nur noch eine Frage der Zeit. Der Beweis dafür sind die wiederholten Importanträge für Butter: Zuletzt beantragte die BOM den Import von 1800 Tonnen Butter. Das Bundesamt für Landwirtschaft (BWL) bewilligte den Antrag am 11. August. Das ist schlicht unhaltbar!
Deshalb fordern wir:
- Eine vollständige Neugestaltung der BOM und ihrer Arbeitsweise nach dem Beispiel der gut funktionierenden Branchenverbände wie z. B. der Sortenorganisation Gruyère.
- Von der SMP festgelegte, indexierte Beiträge für den Milchpreis ab Hof und Delegierte, die – OHNE DOPPELMANDATE – die Basis mit begrenzten Amtszeiten vertreten.
- Die Abschaffung regionaler Organisationen, da sie ohne einen nationalen Milchpool und echte Unabhängigkeit keinen Sinn machen.
- Eine sofortige Anhebung des Milchpreises. Wir fordern einen Milchpreis, der die Produktionskosten deckt und nicht bloss eine lächerliche, spärliche Preiserhöhung wie von einigen Verarbeitern für anfangs Juli angekündigt (zwischen 0,6 bis 1 Rp. pro Liter Milch). Das ist eine Schande!
- Die Abschaffung von B-Milch und der (illegalen!) Zahlung der Verkäsungszulage in diesem Segment (vgl. Anhang S. 4-5)
- Ein Gesetz, das die Deckung der Produktionskosten von landwirtschaftlichen Produkten garantiert, damit die Grossverteiler mit dem Dumping auf dem Buckel der MilchproduzentInnen und dem ständigen Preisdruck gegenüber den Verarbeitern aufhören. Es ist ein Skandal, dass Milch billiger verkauft wird als Wasser!
Die aktuelle Butterknappheit führt uns das Nicht-Funktionieren des Milchsektors deutlich vor Augen! Unzureichende Milchpreise führen zu weniger MilchproduzentInnen, weniger Milchproduktion, das Ganze gekoppelt mit einer schlechteren Wertschöpfung der Milch für die MilchproduzentInnen.
Vor knapp 30 Jahren galt für Molkereimilch ein garantierter Preis von Fr. 1.07, heute sind es noch rund 55 Rp. : Ist es nicht endlich an der Zeit, liebe BerufskollegInnen, als Gegenleistung für unsere Beiträge eine echte und rigorose Vertretung unserer Interessen einzufordern?
[1] Durchschnittlich zahlt jeder Milchbetrieb jährlich Fr. 2290.–. Das entspricht 23,15 Mio. Fr.
[2] Gemäss Auswertung AGRIDEA betrugen im Jahr 2019 die Produktionskosten im Talgebiet 1.09 Fr./kg