Montag, 01 Oktober 2012

image003Die JUSO Schweiz hat die Unterschriftensammlung der Initiative „Keine Spekulation mit Nahrungsmitteln!“ begonnen. Uniterre ist Mitglied des Initiativen Komittee. Die Nahrungsmittelspekulation führt zu hohen Preisen und treibt damit Menschen in Hunger und Armut. An dieser widerlichen Profitmacherei darf sich die Schweiz nicht mehr beteiligen. 

 

Die Spekulation mit Nahrungsmitteln treibt die Nahrungsmittelpreise immer wieder massiv in die Höhe. Millionen Menschen können diese nicht mehr bezahlen und werden in Hunger und Armut gedrängt. Gleichzeitig machen einige wenige enorme Gewinne, die aus den Taschen der Ärmsten bezahlt werden. In diesem Geschäft mischen zahlreiche Finanzinstitute und Rohstoffhändler mit  Sitz in der Schweiz tatkräftig mit und profitieren von steigenden Nahrungsmittelpreisen. Die Spekulationsstopp-Initiative beendet diesen Missstand und verbietet die widerlichste Form der Profitmacherei, die Spekulation mit Nahrungsmitteln.

„Schweizer Unternehmen führen einen Krieg gegen die Ärmsten der Welt, ein Krieg mit Millionen von Toten - jedes Jahr.“  David Roth, Präsident JUSO Schweiz.

„Wir fordern ein Finanzsystem, das Verantwortung übernimmt und ein Wirtschaftssystem, in dem die Bedürfnisse der Menschen im  Zentrum stehen.“  Franziska Bender, Campa-Team Spekulationsstopp-Initiative

Was regelt die Initiative konkret?

Die Initiative verbietet die Investition in Finanzinstrumente, die sich auf Agrarrohstoffe und Nahrungsmittel beziehen. Weiterhin erlaubt bleiben Verträge mit Produzenten und Händlern von Agrarrohstoffen, die der terminlichen oder preislichen Absicherung gelten.

Die JUSO wird in ihrem Anliegen von vielen Organisationen und Parteien unterstützt. An der Pressekonferenz nehmen Paul Saubetin, Mitglied Vorstand Uniterre, Esther Maurer, Geschäftsführerin Solidar und Caroline Maurel, Geschäftsleiterin Swissaid teil, und beziehen Position gegen die schädliche Spekulation auf Nahrungsmittelpreisen. Weiter im Initiativkomitee vertreten sind die SP Schweiz, die Grünen Schweiz und die Jungen Grünen Schweiz.

„Die steigenden Nahrungsmittelpreise verstärken die Armut auch bei Bauernfamilien.“ Paul Sautebin, Mitglied des Vorstand Uniterre.

„Spekulation ist nicht die alleinige Ursache von steigenden Preisen, doch sie verschärft Nahrungsmittelkrisen zusätzlich.“ Esther Maurer, Geschäftsführerin Solidar.

„Dass noch immer eine Milliarde Menschen an Hunger leiden, ist ein Skandal. Das Recht auf Nahrung muss als oberstes Ziel verfolgt werden.“ Caroline Morel, Geschäftsleiterin Swissaid.

Unterschriftenbogen

Website Stopp Spekulation

Die traditionelle Landwirtschaft wird dem neoliberalen Wirtschaftsverständnis geopfert

Paul Sautebin, Mitglied des UNITERRE-Vorstands

Die Ernährungssouveränität, wie sie die Bäuerinnen und Bauern auf der ganzen Welt in der Bewegung Via Campesina definiert haben, versteht die Landwirtschaft als ökonomischen Sektor, dessen Ausrichtung von den Bürgerinnen und Bürgern bestimmt werden muss, im Gegensatz zum Neoliberalismus, der sie in den Dienst des Profits stellt. In diesem Sinn sind wir mit der Volksinitiative der JUSO Schweiz, die ein Spekulationsverbot für Nahrungsmittel fordert, einverstanden. Das wirtschaftliche, moralische und Umweltinteresse der Schweizer Bauern und der gesamten Bevölkerung sind direkt davon betroffen. Die Nahrung und ihre Produzenten werden von dieser Nahrungsmittel-Spekulation gefährdet. Deshalb beteiligt sich UNITERRE an der Lancierung der Initiative.

 Die Produzenten im Norden und im Süden sind Opfer der Spekulation, denn sie profitieren nur selten von Preiserhöhungen. Der Grossteil davon wird von anderen eingesteckt. Bei uns sind in den Sektoren Milch- und Fleischindustrie infolge der höheren Produktionskosten die Einkommen der Landwirte sogar gesunken. In vielen Ländern des Südens, wo Renditekulturen (Kaffee, Kakao, Baumwolle, Zuckerrohr usw.) auf Kosten der Nahrungsmittelkulturen gefördert wurden, produzieren die Landwirte und Landwirtinnen ihre eigene Nahrung nicht mehr. Das bedeutet, dass der Landwirt, selbst wenn er einen leicht höheren Preis für seine Renditekultur erhält, auf dem Markt viel teurere Nahrung kaufen muss. Entsprechend führt die Erhöhung der Nahrungsmittelpreise auch zu vermehrter Armut in den Bauernfamilien selbst. 

30 internationale Unternehmen, von denen 6 mit der Industrie und der Börsenproduktion eng verbunden sind, haben die Kontrolle über praktisch die gesamte weltweite Handelsproduktion an sich gerissen: Sie herrschen über Lagerbestände, Dünger, Pestizide, Futtermittel, Landwirtschaftsmaschinen, Technologien, tierische und pflanzliche Genetik, tiermedizinische Produkte, Saatgut und wissenschaftliche Kenntnisse. Deshalb sind die Landwirtschaftsbetriebe je länger je mehr von einer Produktion auf Kredit abhängig, das heisst, sie können nur noch einen Teil ihrer Produktion für neues Produzieren einsetzen und müssen die nötigen Werkzeuge auf Kredit kaufen. Andere Probleme betreffen die Landwirte auf der ganzen Welt: Privatisierung der nationalen Landwirtschaftsunternehmen, des Landes, des Bewässerungssystems und der Wasserzuteilung sowie die Dollarisierung der Wirtschaft (Verwendung des Dollars als Handelswährung). Die Umsetzung der neoliberalen Ideologien und der freien Marktwirtschaft schadet dem Überleben der kleinen Landwirtschaftsbetriebe.

Die Revolution der industrialisierten Landwirtschaft ist eine Farce angesichts der Herausforderung, welche die Ernährung stellt. Die industrielle Produktion hat einen 5 bis 10 Mal geringeren Ertrag pro Hektar als die traditionelle Landwirtschaft. Ausserdem verlangt dieses Produktionsmodell eine sehr starke energieintensive Mechanisierung. Infolgedessen ist das Verhältnis zwischen produzierten und konsumierten Kalorien negativ.

Die Nahrungsmittelspekulation zwingt einen Teil der 1,2 Milliarden Menschen, die von der traditionellen Landwirtschaft leben, auf die Grundlage für ihren Lebensunterhalt zu verzichten und in Städte oder andere Länder auszuwandern. Ganze Regionen werden so entvölkert.

Die neue weltweite Arbeitsteilung verlangt, dass in den Ländern des Südens die landwirtschaftliche Produktion als Exportmaterie betrachtet wird. Es werden Monokulturen aufgezwungen mit dem Ziel zu exportieren statt die Bevölkerung zu ernähren. Das Ergebnis ist, dass 70 Länder auf der Welt (zum grössten Teil afrikanische Länder) ihre Bedürfnisse nicht mehr selbst decken können und von Importen abhängig sind, während die Natur und die Artenvielfalt zerstört werden.

Wir müssen eine neue nachhaltige Landwirtschaft entwickeln und der zunehmenden Macht der Aktionärsdiktatur über die Menschheit Einhalt gebieten. Die «Spekulationsstopp»-Initiative ist ein Schritt in die richtige Richtung und wird positive Auswirkungen für die Bäuerinnen und Bauern in der Schweiz und der übrigen Welt haben.