Freitag, 21 Juli 2017
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„Kommt ihr über die Runden?“
Auf diese Frage, die uns unsere Nachbarn in diesen dunklen Zeiten viel zu oft stellen, antworten wir ab jetzt „Ja“. Die Milchproduktion, die wir geduldig aufgebaut haben, wird aufgelöst, dafür haben wir nachher kleine Angus-Kühe. Die Melkanlage im Stall wird grösstenteils stillgelegt (aber nicht ganz: wir weigern uns, Milch zu kaufen!). Nach dem anfänglichen Schock, den Tränen, den Zweifeln, die wir aus dem Weg räumen mussten, werden wir nun hoffentlich ein neues familiäres Gleichgewicht finden. Und das finanzielle Gleichgewicht wird nicht unbedingt besser, aber doch auch nicht schlechter. Es wird weitergehen.

Deshalb möchte ich jetzt Danken:

Danke an die SMP, die ihre Mitglieder so gut vertritt, dass es stetig weniger werden. Dieses Jahr sind wir einer jener tausend Bauernhöfe, die das Handtuch werfen. Da kann man wahrhaftig von einer erfolgreichen und guten Interessenvertretung sprechen. Und das alles mit unseren Beiträgen ...

Danke an den SBV, der sich so stark für die Direktzahlungen einsetzt, und dabei die Produzentenpreise vergisst. Der SBV hilft, dass wir tausenden, kleinlichen Forderungen ausgeliefert sind, die uns von den verschiedenen Programmen aufgezwungen werden. Sich zu fügen ist die einzige Option. Das ist inzwischen das Einzige, was von den Bauern erwartet wird: Mach, was dir gesagt wird, nimm deine Direktzahlung und hör auf zu jammern!

Danke an die BO Milch, dass sie so getan hat, als könne sie einen Verhandlungstisch offerieren; aber die Entscheide werden zum Voraus getroffen und die Produzenten haben nichts zu sagen. Eine gerechte Verteilung des Mehrwertes unter allen Mitgliedern? Hat man so was schon gehört? So ein Witz!

Danke auch der Bundesverwaltung und den Behörden, die der Meinung sind, die Landwirtschaft habe sich im weiten WTOzean gefälligst selbst zu helfen, wie jede andere Wirtschaftsbranche auch. Natürlich sind die Produktionskosten in der Schweiz absolut vergleichbar mit denjenigen in anderen Ländern. Wie hoch ist schon wieder der Monatslohn eines argentinischen Landarbeiters ? Bravo, Ihr habt es bald geschafft, das verästelte Netzwerk der bäuerlichen Landwirtschaft – welche die Ernährung als einzige nachhaltig sicherstellen kann – Bauernhof um Bauernhof zu zerstören.

Alle, die sich angeblich für die Schweizer Landwirtschaft einsetzen, lasse ich nun in Ruhe den Ast fertig absägen, auf dem sie sitzen. Währenddessen bahnen sich neue, junge und starke Triebe einen Weg in andere Richtungen. Denkt Ihr, ich sei verbittert? Wütend? Ja, das bin ich! Das Gute daran, wenn man mit der Milchproduktion aufhört, ist, dass man flexibler ist und Zeit hat, den Kollegen zu helfen. Und vor allem kann man die Ungerechtigkeit ohne zu Zögern verurteilen, denn da gibt es keinen Abnehmer mehr, der Druck machen könnte.

Ich schenke meine Wut, meine Enttäuschung und meine Trauer meinen Kollegen, die noch kämpfen, in der Form einer Arbeit, die hoffentlich in eine gute Richtung wächst.

Vanessa Renfer, bald ehemalige Milchproduzentin in Enges