Freitag, 29 Mai 2020
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Die Grundlage der Ernährungssouveränität ist Respekt. Respekt für Männer und Frauen und für den Planeten. Solidarität und Gerechtigkeit. Die Demokratie. Ernährungssouveränität ist eine langfristige humanistische Vision. Ernährungssouveränität ist auch die Klarsicht und der Mut, aus dem neoliberalen Dogma auszusteigen. Ernährungssouveränität ist die Hoffnung auf eine gerechte und gleichberechtigte Welt.

Das Konzept der Ernährungssouveränität ist komplex und darf nicht reduziert werden, denn es ist eine systemrelevante Antwort auf globale Krisen.

Ein globales Konzept

«Ernährungssouveränität unterstützt eine Landwirtschaft, die in einem lebendigen und arbeitsplatzschaffenden ländlichen Raum gesunde, lokal produzierte Lebensmittel zu fairen Preisen, Arbeitsbedingungen und Löhnen herstellt und zu fairem internationalen Handel und nachhaltiger Ressourcennutzung beiträgt1.» Die Ernährungssouveränität ist in einer zirkulären, integrativen, kooperativen Wirtschaft eingebettet.

Eine Vielfalt von Bauernhöfen erhalten

Die schweizerische Agrarlandschaft setzt sich aus sehr unterschiedlichen landwirtschaftlichen Einheiten zusammen. Einige sind spezialisiert und stark mechanisiert, sie können relativ gross oder klein sein. Andere werden diversifizierter und extensiver bewirtschaftet. Einige produzieren für Supermärkte, andere für den lokalen Markt, und einige verarbeiten ihre Produkte selbst oder arbeiten mit einem Verarbeiter zusammen. Manche arbeiten konventionell, entsprechend den Anforderungen der Agrarpolitik, andere arbeiten nach den Kriterien der biologischen Landwirtschaft oder IP-Schweiz. Und einige arbeiten mit biologisch-dynamischen oder agrar-ökologischen Anbaumethoden oder in der Permakultur.

Für all diese Formen der Landwirtschaft ist in der Schweiz Platz. Besondere Förderung wäre jedoch für kleinere Strukturen und Kollektive erforderlich. Dazu gehören die rechtliche Anerkennung, Ausbildung, Forschung, Finanzen und die Infrastruktur, um nur einige zu nennen.

Förderung von bäuerlicher Landwirtschaft und kurzen Wegen

Täglich verschwinden in der Schweiz rund 2- 3 Bauernhöfe. Diese Erosion ist dramatisch, übrig bleiben nur noch hochspezialisierte landwirtschaftliche Einheiten. Ziel der Ernährungssouveränität ist die Erhaltung und Stärkung der bäuerlichen Landwirtschaft und der Produktionskollektive, die nach den Kriterien des ökologischen Landbaus oder der Agrarökologie anbauen (und ihre Tiere aufziehen) und ihre Produkte lokal verkaufen. Es ist sozial und wirtschaftlich von entscheidender Bedeutung, dass die Bevölkerung Eigenverantwortung für ihre Nahrungsmittel übernimmt und dass so viele Menschen wie möglich die Fähigkeiten und den Raum für die Produktion und Verarbeitung für den Direktverkauf erwerben können.

Der Markt sind wir!

Die Forderungen und Ansprüche von Uniterre werden sehr oft von der Notwendigkeit der Anpassung an den "Markt" beiseite gefegt. Es gibt zwar WTO-Richtlinien und Freihandelsverträge, aber wer definiert in der Schweiz die Bedürfnisse des Marktes, respektive der Gesellschaft? Als Konsument*innen können wir durch unsere Wahl beim Einkauf die Entscheidungen der Verarbeiter und Supermärkte beeinflussen. Tatsache bleibt jedoch, dass der Kern der Entscheidungen dieser Unternehmen die wirtschaftliche Rentabilität ist. Das ist nicht genug! Der Handel muss in den Dienst der nachhaltigen Entwicklung gestellt werden, und die Umwelt-, Sozial- und Gesundheitskosten der Produkte sollten berücksichtigt und in den Preisen weitergegeben werden, was sie unattraktiv macht. Gegenwärtig werden Umweltschäden und negative gesundheitliche Auswirkungen von der Gesellschaft getragen, während die kommerziellen Gewinne in privater Hand bleiben!

Michelle Zufferey, Sekretärin bei Uniterre

1 https://ernahrungssouveranitat.ch