Feier der Agrarallianz des 20-Jahr Jubiläums des Verfassungsartikel zur Landwirtschaft.
Nun hat die Agrarallianz also gefeiert, allerdings hauptsächlich sich selber. Wir Bäuerinnen und Bauern haben keinen Grund zu feiern, denn wir erleben in der tag-täglichen Praxis etwas ganz anderes. Wir erleben den Niedergang der bäuerlichen Landwirtschaft weltweit und zunehmend auch in der Schweiz.
Das Festtags-Dossier der Agrarallianz lässt sich auf folgende Kernaussage zusammenfassen: Keine Markteingriffe - mehr Freihandel. Aber wo läge dann der Erfolge der Agrarpolitik? Etwa höhere Einkommen und faire Preise, keinerlei Überproduktion und dafür mehr ressourcenschonende Landwirtschaft? Nichts davon wurde durch die aktuelle und vergangene Agrarpolitik erreicht! Die Einkommen sinken und nur die Direktzahlungen retten viele LandwirtInnen knapp vor dem sicheren Untergang. Und da sollen wir uns einer Strategie anschliessen, die uns die Agrarallianz mit ihren grossen orangen Riesen an der Seite als Erfolgsstory verkaufen will? Für mich verkommen viele Funktionäre der Agrarallianz damit zu Steigbügelhalter der neoliberalen Ideologie von Bundesrat Schneider-Ammann. Denn wer meint Qualitätsprodukte seien zu Weltmarktpreisen zu haben und deshalb den Freihandel mit Nahrungsmitteln befürwortet, wird keine Probleme in der Landwirtschaft- und Ernährungspolitik nachhaltig lösen, hier nicht und weltweit nicht.
Die einen streuen Puderzucker über ihren Festtagskuchen. Uniterre aber stellt mit der Initiative für Ernährungssouveränität konkrete Lösungen zur Diskussion, eine Diskussion die bitter nötig und dringend ist. Die Agrarallianz betreibt Schaumschlägerei, wenn sie die Agrarpolitik als Erfolg feiert und balgt sich damit mit anderen Verbänden rechthaberisch um die Kompetenzhoheit in Agrarfragen. Sie provoziert damit einen Kampf in dem die Bäuerinnen und Bauern gegen einander ausgespielt werden und ganz gewiss unter die Räder kommen. Wir erwarten deshalb von den Mitgliedern der Agrarallianz, dass sie sich den Forderungen der Initiative für Ernährungssouveränität stellen. Bisher wurde einzig festgestellt, dass eine Mengensteuerung nicht in Frage käme.
Die Situation der Bäuerinnen und Bauern - hier und weltweit - wird aber nicht durch aufgezwungene Produktionskostensenkung bei den Bauern mit grösseren Betrieben und noch höheren Direktzahlungen, noch durch eine bis heute nebulös gebliebene Qualitätsstrategie gelöst werden, sondern nur durch ein radikales Umdenken in der Agrarpolitik. Hier geben wir Denkanstösse zu Lösungen, die von la Via Campesina weltweit eingefordert werden. Uniterre wird vorgeworfen, wir würden mit unserer Initiative für Ernährungssouveränität viel vom Bund fordern. Richtig! Wir erwarten, dass der Staat sich nicht immer weiter aus seiner Verantwortung stiehlt, wir erwarten, dass unsere Regierung ihre Pflichten wahrnimmt und zwar weniger für grosse Multis, als vielmehr für die Menschen in diesem Land.
Freihandel ist nicht gottgegeben, sondern ein Konzept, das den Konzernen immer mehr Macht gibt, den Staat zur Marionette verkommen lässt, wenige Grossgewinnler und dafür umso mehr Verlierer erzeugt; Nämlich die KonsumentInnen, Bauern und Bäuerinnen, die Umwelt und die Tiere! Dessen ungeachtet stützt die Agrarallianz diesen neoliberalen Freihandelskurs. Dabei gehören ihr Bio- und IP-Suisse, Konsumenten-, Tier- und Naturschutzorganisationen an. Ob diesen Mitgliedern bewusst ist, dass ihre Funktionäre in der Agrarallianz gerade drauf und dran sind, der bäuerlichen, naturnahen und tierfreundlichen Landwirtschaft den Todesstoss zu versetzen?
Ulrike Minkner
veröffentlicht in Uniterre Zeitschrift - September 2016