Freitag, 24 März 2017

touviereIMG 8071webDie Ferme de la Touvière ist bei Genfer Musikliebhabern bekannt und beliebt: Hier fand während über 25 Jahren das Festival Amadeus statt. Der Hof liegt bei Carre d'Aval nahe bei Genf und zählt rund 50 ha, davon ist ein Teil Pachtland. Seit mehreren Generationen lebt hier die Familie Corthay. Ab 2014 hat der Hof indessen eine tief greifende Veränderung durchgemacht. Weil Sohn Mathias den Hof mit rund dreissig Jahren verlässt, beschliesst Alexis (der Vater), der das Rentenalter erreicht, mit grosser Offenheit, den Betrieb an eine Equipe von acht jungen Bewirtschaftern/ innen zu verpachten. Eine Übergabe, welche im Zeichen der Veränderung stattfindet.

 

Im Verlauf der letzten 30 Jahre hat sich der Weiler des Bauernhofs La Touvière in Carre d’Aval stark verändert. Bei der Erbschaftsteilung des großelterlichen Vermögens wurde das Gut auseinandergerissen. Zur Jahrhundertwende lebten nur noch drei Personen in den wunderschönen Bauernhäusern. Die Gebäude wurden nach und nach renoviert, weitere Familien zogen ein. Erwachsene und Kinder verwalteten nunmehr diesen idyllischen Ort, der sich am linken Flussufer an den Hang schmiegt. 2014 erfolgt das Erdbeben, welches heute von allen Beteiligten als einzigartige Chance wahrgenommen wird. Der Sohn Mathias, von Beruf Agronom, der das Gut vor einigen Jahren übernommen hat, kündigt seiner Familie an, dass er die Verantwortung für einen solchen Betrieb nicht länger allein tragen kann. Er wird aufgerieben zwischen seinem Wunsch, eine Erfahrung im Kollektiv zu machen und den Erwartungen der Familie, die auf ihm lasten. Vorher, als noch Alexis den Betrieb leitete, hat er zahlreiche Kontakte zu Jungen aufgebaut, die sich in der Landwirtschaft engagieren wollten und so war er nun in der Lage, eine alternative Option in Betracht zu ziehen. Er hat den Jungen eine Chance gegeben, ihren Traum zu verwirklichen, ein Bauerngut zu übernehmen und ihre Projekte zu entwickeln. Caroline, Edouard, Jeremy und Lorédan waren die Ersten, welche die Herausforderung annahmen.

Eine unerschöpfliche Quelle

Im Winter 2014 finden die ersten Sitzungen mit den Jungen statt. Rund dreissig Personen kommen. Aber der Frühling naht und die im Winter angefangenen Arbeiten (Schnitt der Obstbäume und Reben) verunmöglichen bei vielen ein Engagement. Nur Caroline, Edouard, Lorédan und Jeremy bestätigen ihren Wunsch, zu bleiben. Jeremy beginnt mit der landwirtschaftlichen Lehre und verspricht, in zwei Jahren mit einem EFZ auf den Betrieb zurückzukommen. Damit das Projekt nicht vorzeitig scheitert, springen die Brüder Descombes ein und leisten einen wichtigen Beitrag. Es sind Bauern aus dem Nachbardorf, die sich bereit erklären, das Land für drei Jahre zu pachten, damit die zukünftigen Pächter Zeit erhalten, um sich zu organisieren. Während die drei Jungen ihre Sonderkulturen aufbauen, übernehmen die Brüder Descombes den Ackerbau. Parallel dazu packt Grégoire, der bereits einige Zeit auf dem Bauernhof verbracht hat, die Chance und entwickelt ein Projekt mit einer Herde Milchziegen. Er lanciert eine Beteiligungsfinanzierung, um die etwas über 300 000 Franken zu finden, welche notwendig sind, um eines der Gebäude für die Ziegen, einen Melkstand und eine kleine Käserei einzurichten. Drei Ziegenhalterinnen unterstützen das abenteuerliche Projekt: Sophie Hodel, Sophie Regard und Marianne.

touviereIMG 8067web
Edouard, Jeremy, Alexis, Sophie R., Mariane, Grégoire et Zolt.

 

Alexis, wie erlebst Du diese Veränderungen?

Alexis: Das Abenteuer hat vor drei Jahren begonnen und die Zeit geht vorbei, wie im Flug. Die Jungen haben sich schnell zurechtgefunden und die Realität auf einem Bauernbetrieb verstanden. Ohne jede Erfahrung als Betriebsleiter waren sie imstande, im richtigen Moment die richtigen Entscheide zu treffen. Sie sind ehrgeizig und haben sich sofort organisiert, um sich in der wirtschaftlichen Realität mit erheblichen finanziellen Belastungen zu behaupten. Sie haben konstant eine diversifizierte Produktion und haben oft bewiesen, dass sie in der Lage sind, die Schwierigkeiten im Zusammenhang mit den Kulturen zu überwinden. Sie haben die Obstplantage abgerissen, um resistente Sorten anzubauen, welche besser an die biologische Bewirtschaftung angepasst sind. Sie haben das Engagement des Bauernhofes beim Projekt TourneRêve weitergeführt - dabei handelt es sich um ein vertragslandwirtschaftliches Projekt, bei dem rund zwölf Betriebe des Kantons mitmachen.

Mein Sohn Mathias hat die Stärke gefunden, aufzuhören. Das war damals ein Schock, aber ich bin froh, dass er den Mut hatte, aufzugeben, anstatt sich mit der Übernahme des Betriebes kaputtzumachen. In der Landwirtschaft wiegt die Last der Traditionen schwer. Oft übernehmen unsere Kinder den Betrieb, weil sie gar keine andere Möglichkeit sehen. Die Jungen, die heute auf unserem Betrieb sind, haben nicht dieselbe Beziehung zur Familiengeschichte. Sie sind freier und die Beziehung ist « offener ». Auch für meine Frau Catherine und mich ist es einfacher, wir fühlen uns weniger betroffen, auch wenn wir der Equipe natürlich viel Erfolg wünschen. Für uns war vor allem wichtig, dass der Betrieb weiterhin besteht, dass er nicht ein zweites Mal auseinandergerissen wird. Junge, die nicht aus unserem Milieu kommen, können die landwirtschaftlichen Strukturen weiterentwickeln, unseren Berufsstand weiterbringen; sie haben einen frischen Blick auf den Beruf und auf die Gesellschaft. Die Bauern haben oft festgefahrene Ansichten, sie sehen ihre Aufgabe durch eine einfarbige Brille, welche durch die landwirtschaftlichen Instanzen und den gesamten Berufsstand verstärkt wird. Da bleibt wenig Platz für andere, innovative Visionen. Quereinsteiger haben nicht dieselben „Beschränkungen“ wie Bauernkinder, sie fühlen sich durch die Blicke der anderen, der Nachbarn, weniger eingeschüchtert und können neue Türen öffnen.

Edouard: Die meisten von uns haben eine akademische Ausbildung. Einige haben eine Lehre oder eine höhere Ausbildung in Agronomie und wir alle haben mehrere Praktika auf Bauernbetrieben der Schweiz oder Frankreich gemacht. Ich selber bin durch die Hintertüre auf den Betrieb gekommen. Ich hätte niemals gedacht, dass ich einmal einen so schönen Betrieb würde übernehmen können. Meine Freundin Caroline, die in Lullier studiert hat, und ich haben damals eine Hektare Land gesucht oder so, um Heilkräuter und Gemüse anzubauen und einige Bienenstöcke aufzustellen. Zwischen dieser Vorstellung und der Verwaltung eines 50-Hektaren-Betriebs ist ein riesiger Unterschied! Doch ein Zusammenspiel verschiedener Umstände und unsere Bekanntschaft mit Mathias haben uns hierher gebracht. Wir waren wie ein Bienenschwarm, der sich auf einem einladenden Ast ausruht. In diesem Abenteuer war es die Mithilfe der Brüder Descombes, welche das Unmögliche möglich machten, denn wir waren noch nicht bereit, die Pacht zu übernehmen. Heute sind wir soweit, jetzt sind wir Pächter für die nächsten zwanzig Jahre - das ist keine kleine Sache!

Wir haben die GmbH „Ferme de la Touvière“ gegründet, das sind 3 ha Sonderkulturen, 17 ha extensive Flächen - rund um das Sumpfgebiet von Sionnet - 1 ha Gemüsebau, 24 ha Ackerbau und 8 ha Weiden für die 27 Ziegen, die im November 2016 eingetroffen sind. 10 ha Ackerland verpachten wir an die Brüder Descombes und 3 ha an die Kooperative „Chèvres de la Touvière“. Wir haben einen Vertrag mit drei Parteien zwischen der GmbH, den Corthays und der Kooperative der Ziegenhalter/ innen, die zudem einen Mietvertrag für das Gebäude mit Alexis haben.

Sophie R.: Wir haben als rechtliche Form die Genossenschaft gewählt, weil diese am besten auf unsere Funktionsweise abgestimmt ist und uns dank den Geschäftsanteilen eine gewisse Freiheit und horizontale Entscheidungsprozesse ermöglicht. Der grosse Nachteil ist, dass wir dadurch keine Direktzahlungen erhalten, weder für die Flächen noch für die Ziegen. Wir sind sieben Mitglieder im Genossenschaftsvorstand; 4 Ziegenhalter, einer der Brüder Descombes, ein Buchhalter und ein Freund, der Agronom ist. Um das Projekt zu finanzieren und die benötigten 300 000 Fr. zu decken, haben wir zwei Strategien verfolgt. Ein Teil lief über eine ehrgeizige Beteiligungsfinanzierung: Wir haben Menschen gesucht, die für 3000 Fr. die Patenschaft für eine Ziege übernehmen (oder zwei Personen, die sich eine Ziege „teilen“ und je 1500 Fr. stiften). Im Gegenzug können diese Personen ihre Ziege besuchen kommen. Einmal im Jahr organisieren wir ein Essen und eine Mahlzeit für die Kinder. Neu werden wir auch Vormittagskurse für Ziegenhaltung und der Herstellung von Ziegenkäse aufbauen. Jeder Pate und jede Patin kann monatlich einen Käse beziehen. Wir schätzen, dass die Investition der Paten zu 80 % einer Spende entspricht und zu 20 % auf einer Gegenleistung. Der zweite Teil der Finanzierung läuft über eine „Cheese-Bank“ mit Zinsen zu 4 %, die in Form von Käse ausbezahlt werden. Mit diesem System haben wir 220 000 Fr. gefunden - und den 1. Preis IDDEA (Idées de Développement Durable pour les Entreprises d’Avenir, ein Förderpreis des Kanton Genf) erhalten. Der beläuft sich auf 20 000 Fr. Daneben haben wir auch noch zwei Spenden von Stiftungen und rund 10 000 Fr. private Spenden erhalten. Jetzt bleibt nur noch ein kleiner Teil, der nicht gedeckt ist, aber wir sind gut unterwegs, denn in der Genfer Bevölkerung ist ein regelrechter Boom für Patenschaften ausgebrochen. Sie sagen, es fühle sich an, als „würden sie zum Bauernhof gehören“. Hingegen müssen wir irgendwie die zahlreichen Besuche managen; derzeit kommen ständig Leute zu jeder Tageszeit. Wir müssen uns noch Regeln oder Besuchszeiten ausdenken, damit die Patenschaften keine zu grosse Belastung werden.

 

touviereIMG 8076webJeremy, wie organisiert ihr den Alltag?

Jeremy: Wir haben zwei relativ unterschiedliche Bereiche: die Ziegen und die Kulturen. Wir treffen uns alle zwei Wochen zu einer „Vollversammlung“, innerhalb der Bereiche gibt es jede Woche eine Besprechung. Am Mittag essen wir gemeinsam, so erhalten wir die Gelegenheit, Infos und Ideen auszutauschen. Einige von uns arbeiten Teilzeit ausserhalb, so sind wir nicht immer alle auf dem Betrieb. Ein Team namens « L’Université du Nous » wird uns begleiten, um Instrumente für die kollektive Organisation zu finden, Informationen auszutauschen und Konflikte konstruktiv zu regeln. Die erste Arbeitssitzung ist für nächste Woche eingeplant. Derzeit haben wir alle die Verantwortung über einen Arbeitsbereich. Ich bin beispielsweise zuständig für das Lagergemüse, Lorédan für das Gemüse, Caroline und Edouard sind für die Obstbäume und die Reben zuständig.

 

Wie sind die Beziehungen zu den anderen Bauernhöfen?

Jeremy: Für die „politische“ Arbeit wie TourneRêve sind Caroline, Edouard, Greg und Marianne da; für den Supermarché Paysan Participatif (Projekt in Meyrin) ich und Sophie. Das sind wichtige Aktivitäten, denn sie ermöglichen uns, mit anderen in Verbindung zu bleiben, auch mit Berufskollegen, sonst gehen wir in der Arbeit auf dem Bauernhof unter. Es ist wichtig, sich Zeit für solche Projekte zu nehmen.

Alexis: Ich mag diese Vision. Meine Sorge war, dass sich so ein Kollektiv nicht in die „Bauernwelt“ integrieren kann. Wie sollten sie sich da mit der Sache der Bauern identifizieren? Ich fragte mich, ob sie genug sie genug Handlungsspielraum haben würden, um in Organisationen wie Uniterre aktiv zu sein und die Verbindung zu anderen Bauern aufrechtzuerhalten, da sie noch am Anfang eines ambitiösen Projektes stehen.

Jeremy: Mir liegt das am Herzen, ich will mich in Bauernbewegungen einbringen. Auch wenn ich jetzt kaum Zeit dafür habe. Ich will das bäuerliche Modell verteidigen, als Bauer vis-à-vis gewissen Akteuren unabhängiger werden, auch wenn ich meiner Abhängigkeit von der Gesellschaft bewusst bin.

Sophie R.: Es ist vielleicht auch eine Generationenfrage, wie man sich engagiert. Manchmal habe ich das Gefühl, dass gewisse engagierte Bauern von uns mehr erwarten und wir sie nicht enttäuschen wollen. Gleichzeitig frage ich mich, ob wir tatsächlich weniger militant sind? Ich glaube an die Richtigkeit von lokalen Initiativen. Sie beweisen, was möglich ist, ohne dass man deswegen gleich globale Forderungen stellen muss, auf die man dann kaum einen Einfluss hat. Wir haben ganz klar dieselben Werte, wie ältere Aktivisten, aber vielleicht eine andere Art von Engagement. Ich habe das Gefühl, am selben Strick zu ziehen, aber manchmal entsteht der Eindruck, dass man unseren Einsatz nicht würdigt, obwohl wir 200 % in die Lancierung unseres Projekts stecken. Ich finde, das sollte man schon bedenken.

Alexis: Die Frage ist, welche Art Landwirtschaft wir unterstützen wollen. Der SBV vertritt nicht dieselben Werte wie Uniterre, wie diejenigen der Ernährungssouveränität. Er kommuniziert nur mit Image-Marketing und ist allzu schnell bereit, sich dem anzupassen, was uns von den Wirtschaftsmächten vorgeschrieben wird. Der SBV leidet an einem Minderwertigkeitskomplex; er nimmt gern schnell die Opferrolle ein und sucht die Anerkennung derjenigen, von denen er abhängig ist, wo seine Aufgabe doch eigentlich darin bestehen würde, wirtschaftliche Prinzipien zu bekämpfen, welche die Basis zerstören, die er vertreten sollte. Die Vision des SBV zur Landwirtschaft steht zu derjenigen von Uniterre total im Widerspruch. Landwirtschaft ist die Grundlage der Gesellschaft und kann nicht den simplen Gesetzen des wirtschaftlichen Liberalismus unterworfen werden.

Jeremy: Nehmen wir das Beispiel Palmöl. Ich bin gegen diese Importe, weil sie die einheimische Produktion von Raps untergraben. Aber wenn Schweizer Rapsöl benützt wird, um McDonald’s zu beliefern, reicht mir das nicht als Argument. Ich will weiterdenken, überlegen, warum und für wen wir produzieren. Mit unserem Projekt setzen wir ein Zeichen, dass man Menschen mit hochwertigen, lokalen Lebensmitteln ernähren kann. Wir verwirklichen Ernährungssouveränität und beweisen, dass sie funktioniert.

Zlot: Ich bin hier Praktikant und schätze an diesem Kollektiv, dass sich hier das Weltgeschehen spiegelt. Auf La Touvière sind junge Menschen, die ein zukunftsorientiertes Bewusstsein haben und ihre Verantwortung wahrnehmen, Werte vertreten. Solche Initiativen gibt es heute vermehrt, sie stellen neue, kollektive Arbeitsmodelle sowie die lokale Wirtschaft in den Vordergrund.

Alexis: Es stimmt, in der Komplexität der Agrarpolitik können innovative Projekte wie das hier etwas zur Entwicklung der Vorstellungen beitragen.

Sophie R.: Wir dürfen nicht vergessen, dass ein grosser Teil der Bevölkerung keine Ahnung der landwirtschaftlichen Realität hat. Sogar Grundwissen, zum Beispiel, dass eine Ziege ein Zicklein zur Welt bringen muss, um Milch zu geben ... Abgesehen davon verstehen viele Besucher auch nicht, warum wir keine Direktzahlungen erhalten, nur weil wir nicht die passende Rechtsform haben, wo wir doch lokale, biologische Qualitätsprodukte herstellen und die natürlichen Ressourcen schonen.

Das ist auch so ein Thema, wo Erfahrungsaustausch nützlich wäre. Ich wäre bereit, unsere Erfahrungen zu kapitalisieren und die vielen Informationen zu juristischen Formen und Finanzierungsmöglichkeiten an andere weiterzugeben, die am Beginn eines ähnlichen Abenteuers stehen. Wir haben selbstständige Juristen und solche bei Prométerre gesehen, Behörden getroffen, Berge von Administration gewälzt. Wenn es um Starthilfe geht, staune ich über den Unterschied zwischen der Schweiz und Frankreich. Bei unseren Nachbarn gibt es „landwirtschaftliche Brutkästen“, wo Junge ihre beruflichen Projekte während 2 bis 3 Jahren testen können; sie erhalten Zugang zu Land, Werkzeugen oder Gebäuden. In den Regionen gibt es „Cafés Installations“ für den Erfahrungsaustausch und der Beratung und es gibt die SAFER, welche den Immobilienmarkt (theoretisch) transparenter machen.

Alexis: In der Schweiz verschwinden jeden Tag zwei Bauernhöfe. Wohin? Wie werden sie in bereits bestehende Strukturen integriert? Wie können wir den Zugang zum Land für Junge erleichtern? Wie können wir die vielen Hektaren Land und die Gebäude wieder auf den Markt bringen? Wir brauchen dringend Instrumente, um den Markt mit Landwirtschaftsland zu regulieren, damit die Grossen nicht noch grösser werden, sondern zu Orten werden, wo andere Erfahrungen gemacht werden, wo das Landleben bereichert wird. Davon profitiert die ganze Bevölkerung.

 

Was für Lehren zieht Ihr aus diesem Abenteuer?

Jeremy: Ich rate allen Bauern davon ab, in diesem Beruf alleine zu bleiben, das ist viel zu schwer. Der Beweis sind die zahlreichen Selbstmorde. Ich beneide keinen, der den ganzen Tag auf seinem Traktor verbringt! Und denjenigen, die Land suchen rate ich, die Ohren aufzumachen und sich nicht zu scheuen, mit ihrem Projekt auf die Bauern zuzugehen. Vieles läuft über das Hörensagen und aus einfachen Treffen kann viel Gutes entstehen.

Alexis: Ich wünsche, dass wir auch eine Entwicklung der rechtlichen Strukturen erleben werden, damit diejenigen mit Projekten eine Chance erhalten, sie umzusetzen. Je diversifizierter die Landwirtschaft, desto offener, desto glaubwürdiger und desto grösser ihre Chance, anerkannt zu werden. Der Zugang zu Produktionsmitteln (Land, Gebäude, Werkzeug) muss einfacher werden, das ist der einzige Weg, um unser gemeinsames Erbe zu befruchten; das kommt der Allgemeinheit zugute.

Edouard: Man sollte sich nicht genieren, an Bauern heranzutreten und über ein Projekt zu sprechen. Alles ist besser, als dass weitere Bauerhöfe aufgelöst werden - und das steht nicht selten auf Messers Schneide. Der richtige Moment ist entscheidend, um möglichst viele Bauernhöfe zu erhalten. Wir können den Bauern sagen, dass es auch etwas anderes gibt, dass man etwas wagen darf, um Bauernhöfe wieder zu beleben und mehr Menschlichkeit in den Betrieb zu bringen. Wir hoffen auf eine Flexibilisierung der Agrarpolitik, damit Junge besser Chancen erhalten, um eines Tages einen Bauernhof zu finden.

 

Interview geführt von Valentina Hemmeler Maïga
Übersetzung: Stefanie Schenk
veröffentlicht  in Uniterre Zeitschrift - Januar 2017 (französische Ausgabe)

 

 

Mehr Informationen unter: www.touviere.ch