Montag, 21 Januar 2013

Uniterre, schweizerische Bauerngewerkschaft seit über 60 Jahren, will zu den Fragen der Agrarpolitik, ihre Position mitteilen, bei denen es zwischen den beiden Räten noch zu keiner Einigung gekommen ist. Mitte Januar hat er einen Brief an den Mitglieder der WAK-N geschrieben

Beitrag für Futterbaukulturen (Art. 54)

Der Nationalrat hat die spezifische Förderung der Futtermittelproduktion im Inland prinzipiell befürwortet, insbesondere, um den Futtermittelimport zu reduzieren. Hingegen hat sich der Ständerat vor allem aus finanziellen Gründen dagegen ausgesprochen. Die Gegner der Einzelkulturbeiträge, darunter das BLW, haben den Beitrag für Futtergetreide gegen den Beitrag für Zuckerrüben ausgespielt. Die inländische Futtermittelproduktion ist bereits um die Hälfte geschrumpft, deshalb ist es dringend notwendig, dass ein grundsätzlicher Beitrag im Gesetz festgehalten wird. Sonst verlieren wir vier wichtige Jahre, um eine finanzielle Lösung zu finden. Wir erinnern an dieser Stelle, dass Uniterre eine Abgabe auf alle (importierte wie einheimische) kommerzialisierte Futtermittel vorschlägt, um damit die Kulturbeiträge zu finanzieren (französisch). Eine Wiederbelebung dieser Produktion in der Schweiz ist aus umweltlichen und sozialen Gründen zwingend. Die Importe von Futtermittel haben sich massiv erhöht. Im Ausland werden sie auf Kosten der Nahrungsmittel für die lokale Bevölkerung produziert und ihre Anbauflächen sind viel grösser als die (zu recht) verschrienen Agrotreibstoffe. Die Bauernfamilien im Süden kämpfen mit den sozialen Folgen unserer Futtermittelimporte, die ein ökologischer Schwachsinn sind. Derzeit definiert die Schweiz ihre Kriterien für die Swissness und in nächster Zukunft wird dabei die Herkunft der Futtermittel - besonders für Schweinefleisch und Geflügel - im Zentrum der Debatte stehen. Dem können wir vorgreifen. Beim Vieh kann die Fördermassnahme für Futtermittel zusammen mit den neuen Förderprogrammen für graslandbasierte Viehzucht rasch in eine kohärente Politik umgesetzt werden. Wir fordern Sie auf, Ihre Position beizubehalten.

Milchkaufverträge (Art. 36b)

Eine Mehrheit des Nationalrats hat verstanden, wie wichtig eine bessere Transparenz für die Milchbranche und verlangt deshalb Milchkaufverträge auf allen Stufen, die zumindest die Mengen, die Qualität und die Preisfestsetzung regeln und mindestens für ein Jahr gelten - ein Minimum für die landwirtschaftliche Planung. Heute gibt es eine Fülle von Vertragstypen, die nur die erste und zweite Produktionsstufe verpflichten. Sie werden zunehmend auf die Dauer eines Monats verkürzt und strafen sowohl Unter- als auch Überschreiten der Liefermengen. Hier muss dringend Ordnung geschaffen werden. Die Position des Ständerats beruht auf einer liberalen Sicht des Marktes und bedroht die Existenz vieler Tausender Milchbetriebe. Für uns ist klar, dass Milchkaufverträge nicht ausreichen, um die Milchkrise zu überwinden, aber es wäre immerhin ein positives Signal aus der Politik, ein Votum gegen das frei wütende Gesetz des Dschungels. Durch eine Annahme würden Sie anerkennen, dass es einen klaren Rechtsrahmen braucht, damit sich der Markt gesund weiterentwickeln kann. Der Ständerat will die Rolle der Branchenorganisation Milch im Gesetz festschreiben (eine Ausnahme). Dabei wissen wir alle, dass die BO Milch derzeit nicht zur Zufriedenheit der Produzenten funktioniert: Sie werden Opfer der Inkompetenz. Die BO Milch kann längerfristig zu einem geeigneten Instrument werden, aber bis 2014 ist sie dazu nicht fähig. Es ist extrem gefährlich, ihr freies Spiel zu geben, damit sie die Schweizer Milchbranche definitiv ausschlachtet. Wir rufen den Nationalrat auf, seine Position beizubehalten. Den Ständerat bitten wir, ein minimales, politisches Engagement zu übernehmen.

Fleischimportkontingente (Art. 48)

Der Ständerat schlägt vor, dass die Zollkontingentsanteile bei Fleisch (40 %) anhand der Inlandsleistung zugeteilt werden. Dieser Systemwechsel dient auch den kleineren Metzgereien, aber doch hauptsächlich Bell und Micarna. Die Produzenten selbst erhalten dadurch vermutlich keinen direkten Vorteil. Einzig die Oligopole am Ende der Wertschöpfungskette würden dadurch gestärkt. Deshalb erscheint es uns nicht angebracht, dem Ständerat zu folgen. Wir appellieren an den Nationalrat, seine Position beizubehalten.

Wiedereinführung der Grenzwerte bezüglich Einkommen, Vermögen und Fläche (Art. 70a, Abs. 3, Bst. f)

Der Ständerat hat sich bei den Direktzahlungen für die Wiedereinführung dieser drei Grenzwerte ausgesprochen. Uniterre gibt dem Grenzwert bezüglich der Fläche absolute Priorität und hofft, dass der Nationalrat einer Wiedereinführung desselben zustimmt. So wird dem Wettstreit um Land Einhalt geboten, der sonst auf Kosten der kleinen Betriebe und somit auf Kosten der Agrodiversität stattfinden wird. Die strukturellen Auswirkungen wären massiv; viele Betriebe würden zusammengelegt auf das Risiko hin, dass dadurch Kolosse auf tönernen Füssen entstehen, die aus Kostengründen von künftigen Generationen nicht übernommen werden können. In der EU ist dieses Szenario Tatsache geworden und deshalb verlangen viele europäische Bauernorganisationen die Einführung von degressiven Beiträgen bezüglich der Fläche. Die Schweiz ist der EU eine Nasenlänge voraus - sollen wir zurückfallen? Bei den Grenzwerten für Einkommen und Vermögen verstehen wir die politische Schwierigkeit einer Beibehaltung. Unserer Ansicht nach beinhalten sie mehrere Nachteile: Die Einberechnung von betriebsexternen Einkommen der Partner oder aussergewöhnliche Schwankungen beim Einkommen können zu Kürzungen der Direktzahlungen führen. Beim Vermögensgrenzwert wird auch der Betrieb einkalkuliert, so ist er nicht immer angemessen und stellt für kleine Betriebe nicht unbedingt einen Vorteil dar. Ein grosser Betrieb, dessen Buchhaltung gut organisiert ist, kann den Vermögensgrenzwert umgehen, wohingegen ein kleiner Betrieb in Dorfzone bestraft werden könnte. Wir bitten den Nationalrat, dem Ständerat zu folgen und bezüglich der Fläche wieder degressive Direktzahlungen einzuführen.

Direktzahlungen für bewirtschaftete Böden in der Bauzone (Art. 70a, Abs. 1, Bst. d)

Uniterre hat sich immer dafür eingesetzt, dass nicht der Eintrag im Grundbuchregister zählt, sondern die effektive Nutzung der Parzellen. So werden seit Jahren zahlreiche Hektaren in ausgeschiedenen Bauzonen bewirtschaftet und daran wird sich angesichts der Langsamkeit der Bauprojekte vermutlich auch in Zukunft nichts ändern. Warum sollen Bewirtschafter, oftmals nur Pächter, bestraft werden, obwohl sie nach allen Regeln der Agrarpolitik auf einer Parzelle Nahrungsmittel herstellen oder die Natur pflegen? Eine solche Massnahme würde besonders die periurbane Landwirtschaft benachteiligen. Der Nationalrat besass die Weisheit, diese Massnahme abzulehnen, während der Ständerat ein Kompromiss vorsieht, der auf den neu ausgeschiedenen Zonen beruht. Leider diskriminiert ist dieser Kompromiss die Kantone, und also die Bauern dieser Kantone, die bisher bei der Ausscheidung von Bauland eher strikt waren. Das ist nicht korrekt. Wir fordern den Nationalrat auf, seine Position beizubehalten.

Landwirtschaftsnahe Tätigkeiten (Art. 2, Abs. 5 und Art. 3, Abs. 1bis und Art. 89a)

Obwohl die Vorschläge in der Vorlage nicht ganz an unsere Hoffnungen heranreichen, finden wir die Formulierungen in Artikel 2, Absatz 5, in Artikel 3, Absatz 1bis und in Artikel 89a kohärent. Theoretisch ermöglichen sie eine Unterstützung in der Form von Beratungen oder Krediten für landwirtschaftsnahe Tätigkeiten, ohne dass das Gewerbe unter dem Konkurrenzdruck leidet. Die Einhaltung der Wettbewerbsneutralität wird durch eine Befragung der direkt betroffenen Unternehmen überprüft, da Letztere die Wettbewerbsneutralität am besten beurteilen können. Es erscheint uns nicht zweckdienlich, automatisch ihre Branchenorganisationen zu befragen. Wir unterstützen den Vorschlag aus dem Ständerat.

Übergangsbeiträge (Art. 77, Abs. 3)

Der Vorschlag des Ständerates ist unverständlich (Rückgang für gewisse Betriebe um höchstens 10 %) und nur schwer umsetzbar. Auch die zeitliche Begrenzung von 8 Jahren ist nicht zweckmässig. Aus diesen Gründen bevorzugen wir den Vorschlag des Bundesrats, dem der Nationalrat zugestimmt hat.

Antibiotika (Art. 187d)

Wir fordern den Nationalrat auf, dem Vorschlag des Ständerats zu folgen und zu fordern, dass eine Überwachung von Antibiotikaresistenzen eingeführt und eine Reduktion des Antibiotikaeinsatzes durchgesetzt wird, dies gemeinsam mit den Produzenten.

Zahlungsrahmen

Ein Antrag forderte eine Aufstockung des Zahlungsrahmens auf 160 Millionen Franken für den Strukturwandel. Gleich dem Nationalrat unterstützen wir diesen Antrag, denn die Bauern werden im Sinne der vorliegenden Revision weitgehende Anpassungen vornehmen müssen. Die Strukturverbesserung ist eine Investition in die Zukunft. Zudem könnte diese Aufstockung verwendet werden, um jungen Landwirten/