Pressemitteilung Lausanne, 9. September 2022
Die Branchenorganisation SwissGranum verhandelt am 13. September die Richtpreise für Brotgetreide. Bisher decken die Getreidepreise nicht die Produktionskosten – erst recht nicht die steigenden Energiepreise! Die politische Entscheidung, die Zölle für Brotgetreide zu senken, setzt die bäuerliche Landwirtschaft zusätzlich unter Druck. Uniterre fordert eine faire Bezahlung der Produzenten.
Nach zwei wetterbedingt extrem schwierigen Jahren für die Getreideproduktion legen die Abnehmer, die Industrie und die Grossverteiler auf dem Rücken der Produzenten noch eine Schippe drauf. Während der Weizenpreis auf europäischer Ebene immer noch fast 30% höher ist als im gleichen Zeitraum des Vorjahres, verweigern in der Schweiz die Mühlen, die Industrie und die grossen Einzelhändler den Produzenten eine notwendige Erhöhung des Weizenpreises. Letztere haben zudem Preiserhöhungen angekündigt, die für Brot derzeit 2,4% betragen. Was den Brutto-Richtpreis für die Produzenten betrifft, so ist er derzeit auf Fr. 57.-/dt festgelegt.
Ein solcher Preis ist in keiner Weise kostendeckend! Der direkte Anstieg der Produktionskosten (Energie, Dünger, Maschinen) beläuft sich auf etwa Fr 500.-/ha. Der Preis muss also um 12 Fr./dt steigen, nur um die gestiegenen Kosten auszugleichen. Uniterre fordert daher einen sofortigen Preis ab Hof von mindestens Fr.69/dt. Ein solcher Preis stellt aber immer noch keine gerechte Entlohnung der Produktionsarbeit dar. Die Stunde des Produzenten muss mit Fr. 40.- kalkuliert werden, um ein Einkommen zu erzielen, die mit dem Schweizer Durchschnitt vergleichbar sind. Dies würde einem Preis für Brotweizen entsprechen, der bei Fr. 100.-/dt liegt.
Eine solche Erhöhung für einen gerechten Preis würde für die Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten einen Anstieg von 50 Rp/kg Brot bedeuten oder aber pro Jahr eine zusätzliche Ausgabe von Fr. 25. Es ist also kein Luxus, sich für eine vielfältige und nachhaltige bäuerliche Landwirtschaft einzusetzen, sondern eine unabdingbare Voraussetzung, um die Versorgung der Bevölkerung aufrechtzuerhalten.
Leider tritt der Bund in den Spuren der Grossverteiler und hat die Einfuhrzölle auf Fr. 9.60 (inklusive Garantiefondsabzug) gesenkt, während er gleichzeitig das Importkontingent um 60’000t auf 130’000t aufgestockt hat. Der politische Gegenzug zur Deklassierung von über 100’000t Brotweizen der Ernte 2021. Das illustriert den unerträglichen politischen und wirtschaftlichen Druck auf dem Schweizer Weizen, zumal die Grossverteiler noch mehr als 120'000t Backwaren ausserhalb des Zollkontingents importieren. Der niedrige Weizenpreis und der Druck auf eine nachhaltige bäuerliche Agrarproduktion in der Schweiz sind also sowohl auf die Arroganz der Abnehmer als auch auf die politischen Entscheidungen des Bundes zugunsten der Grossverteiler zurückzuführen.
Wir dürfen jedoch nicht vergessen, dass unser Wohlstand massgeblich von den Bauern und Bäuerinnen produziert wird und dass der Markt ohne ihre täglichen Anstrengungen nicht funktionieren kann. Es ist höchste Zeit, dass unsere Berufsverbände den Abnehmern diese Wahrheit klarmachen: Kein Preis - keine Produktion - keine Lebensmittelsicherheit!
Mehr Informationen:
Rudi Berli, Produzent und Gewerkschaftssekretär bei Uniterre, 078 707 78 83, r.berli@uniterre.ch
Branchenorganisation Getreide Swissgranum
Derzeit sind die Auswirkungen des Klimawandels in der weltweiten Getreideproduktion zu spüren, was zu höheren internationalen Preisen führt. Es gibt allen Grund zu der Annahme, dass sich diese Entwicklung fortsetzen wird.
Gleichzeitig üben sowohl die Schweizer Regierung als auch die Käufer Druck auf die Preise aus und erhöhen die ökologischen Anforderungen. Die Migros zum Beispiel hat erklärt, dass sie ab 2023 nur noch Lebensmittel aus Weizen verkaufen wird, der ohne Herbizide angebaut wurde. Diese Aussage spiegelt sicherlich einen grundlegenden Markttrend wider.
Auf der Abnehmerseite, insbesondere bei den Grossverteilern und den angeschlossenen Verarbeitern, ist der Preis für Bio-Weizen seit 2019 bereits um 7.- Fr/dt gesunken und liegt heute bei 100.- Fr/dt, während der kostendeckende Preis mindestens 125.- Fr/dt beträgt.
Bei konventionellem Weizen ist die Preissituation bereits seit über zehn Jahren besorgniserregend, mit Richtpreisen von 52.- Fr/dt und einem effektiven Erzeugerpreis von 49.- Fr/dt. Dies, obwohl der kostendeckende Preis 100.- Fr/dt beträgt.
Diese Haltung der Abnehmer und die massiven Einfuhren von 120’000 Tonnen Brotteig ausserhalb der Weizeneinfuhrkontingente führen zu einem unannehmbaren Druck auf die landwirtschaftlichen Einkommen.
Heute werden bereits fast 50% des Schweizer Brotweizens ohne Insektizide, Fungizide oder Wachstumsregulatoren angebaut (gemäss den Richtlinien des Extenso-Programms); er wird von IP-Suisse (rund 30% der Menge) in Partnerschaft mit Migros vermarktet. Für diese Produktion erhalten die Produzenten eine Prämie von 6.- Fr/dt, womit der Zielpreis auf 58.- Fr/dt Franken sinkt. Für die Saison 2022 will IP-Suisse die Anbaufläche für herbizidfreien Weizen von 5'000 auf 10'000 Hektaren verdoppeln, mit einer zusätzlichen Prämie von 10.- Fr/dt.Wir begrüssen dies, sind aber der Meinung, dass ein Richtpreis von 68.- Fr/dt viel zu tief ist, um die Mehrkosten und Mindererträge zu kompensieren! Ausserdem muss eine wirklich herbizidfreie Produktion über einen Zyklus von mindestens zwei Jahren erfolgen, um glaubwürdig zu sein. Dieser Punkt muss in der Kommunikation geklärt werden, sonst gerät die Bio-Produktion unter Druck.
Für Uniterre ist es unerlässlich, dem Großhandel klarzumachen, dass eine gerechtere Verteilung der Gewinnspannen (der Rohstoff Mehl macht nur 13 % des Brotpreises aus) die Kosten einer ökologischeren Produktion, die derzeit ausschliesslich von den Landwirten getragen werden, ausgleichen muss.IP-Suisse muss ihren Abnehmern klarmachen, dass eine nachhaltige Landwirtschaft ihren Preis hat und dass sie nicht aufrechterhalten und weiterentwickelt werden kann, ohne ein angemessenes Einkommen zu garantieren. Wir erwarten auch von IP-Suisse, einem Mitglied der Agrarallianz, dass sie endlich eine Qualitätsstrategie einfordert, die sowohl die Produktionskosten als auch die soziale und wirtschaftliche Nachhaltigkeit berücksichtigt.
Auf Bundesebene hat das BLW am 28. September die Tarife für Brotgetreide veröffentlicht, die ab 1. Oktober in Kraft treten: Die Tarife (Zölle und Beiträge an den Garantiefonds) für Brotgetreide werden um 4,40.- Fr/dt gesenkt, von 23.- Fr/dt auf 18,60.- Fr/dt. Dies ist ein politischer Druck zur Senkung des Importpreises für Weizen, der derzeit bei 53.- Fr/dt liegt. Dies ist die erste Preissenkung seit 2013 und ein verheerendes Signal. Wir fordern eine sofortige Korrektur, um Billigimporte zu vermeiden, die dem Schweizer Getreide noch mehr Konkurrenz machen.
Um eine sichere und nachhaltige Versorgung zu gewährleisten, fordert Uniterre sowohl bei den Verhandlungen mit den Abnehmern als auch beim Zollschutz Rahmenbedingungen, die eine Deckung der Produktionskosten ermöglichen. Die im Verband swiss granum ausgehandelten Richtpreise für die Ernte 2021 müssen ab Betrieb angewendet werden. Ohne faire Preise für die Erzeuger wird es keine ökologische Transition des Lebensmittelsystems geben.
Pressekontakt :Rudi Berli - 078 70 77 883 – r.berli@uniterre.ch