Derzeit sind die Auswirkungen des Klimawandels in der weltweiten Getreideproduktion zu spüren, was zu höheren internationalen Preisen führt. Es gibt allen Grund zu der Annahme, dass sich diese Entwicklung fortsetzen wird.
Gleichzeitig üben sowohl die Schweizer Regierung als auch die Käufer Druck auf die Preise aus und erhöhen die ökologischen Anforderungen. Die Migros zum Beispiel hat erklärt, dass sie ab 2023 nur noch Lebensmittel aus Weizen verkaufen wird, der ohne Herbizide angebaut wurde. Diese Aussage spiegelt sicherlich einen grundlegenden Markttrend wider.
Auf der Abnehmerseite, insbesondere bei den Grossverteilern und den angeschlossenen Verarbeitern, ist der Preis für Bio-Weizen seit 2019 bereits um 7.- Fr/dt gesunken und liegt heute bei 100.- Fr/dt, während der kostendeckende Preis mindestens 125.- Fr/dt beträgt.
Bei konventionellem Weizen ist die Preissituation bereits seit über zehn Jahren besorgniserregend, mit Richtpreisen von 52.- Fr/dt und einem effektiven Erzeugerpreis von 49.- Fr/dt. Dies, obwohl der kostendeckende Preis 100.- Fr/dt beträgt.
Diese Haltung der Abnehmer und die massiven Einfuhren von 120’000 Tonnen Brotteig ausserhalb der Weizeneinfuhrkontingente führen zu einem unannehmbaren Druck auf die landwirtschaftlichen Einkommen.
Heute werden bereits fast 50% des Schweizer Brotweizens ohne Insektizide, Fungizide oder Wachstumsregulatoren angebaut (gemäss den Richtlinien des Extenso-Programms); er wird von IP-Suisse (rund 30% der Menge) in Partnerschaft mit Migros vermarktet. Für diese Produktion erhalten die Produzenten eine Prämie von 6.- Fr/dt, womit der Zielpreis auf 58.- Fr/dt Franken sinkt. Für die Saison 2022 will IP-Suisse die Anbaufläche für herbizidfreien Weizen von 5'000 auf 10'000 Hektaren verdoppeln, mit einer zusätzlichen Prämie von 10.- Fr/dt.Wir begrüssen dies, sind aber der Meinung, dass ein Richtpreis von 68.- Fr/dt viel zu tief ist, um die Mehrkosten und Mindererträge zu kompensieren! Ausserdem muss eine wirklich herbizidfreie Produktion über einen Zyklus von mindestens zwei Jahren erfolgen, um glaubwürdig zu sein. Dieser Punkt muss in der Kommunikation geklärt werden, sonst gerät die Bio-Produktion unter Druck.
Für Uniterre ist es unerlässlich, dem Großhandel klarzumachen, dass eine gerechtere Verteilung der Gewinnspannen (der Rohstoff Mehl macht nur 13 % des Brotpreises aus) die Kosten einer ökologischeren Produktion, die derzeit ausschliesslich von den Landwirten getragen werden, ausgleichen muss.IP-Suisse muss ihren Abnehmern klarmachen, dass eine nachhaltige Landwirtschaft ihren Preis hat und dass sie nicht aufrechterhalten und weiterentwickelt werden kann, ohne ein angemessenes Einkommen zu garantieren. Wir erwarten auch von IP-Suisse, einem Mitglied der Agrarallianz, dass sie endlich eine Qualitätsstrategie einfordert, die sowohl die Produktionskosten als auch die soziale und wirtschaftliche Nachhaltigkeit berücksichtigt.
Auf Bundesebene hat das BLW am 28. September die Tarife für Brotgetreide veröffentlicht, die ab 1. Oktober in Kraft treten: Die Tarife (Zölle und Beiträge an den Garantiefonds) für Brotgetreide werden um 4,40.- Fr/dt gesenkt, von 23.- Fr/dt auf 18,60.- Fr/dt. Dies ist ein politischer Druck zur Senkung des Importpreises für Weizen, der derzeit bei 53.- Fr/dt liegt. Dies ist die erste Preissenkung seit 2013 und ein verheerendes Signal. Wir fordern eine sofortige Korrektur, um Billigimporte zu vermeiden, die dem Schweizer Getreide noch mehr Konkurrenz machen.
Um eine sichere und nachhaltige Versorgung zu gewährleisten, fordert Uniterre sowohl bei den Verhandlungen mit den Abnehmern als auch beim Zollschutz Rahmenbedingungen, die eine Deckung der Produktionskosten ermöglichen. Die im Verband swiss granum ausgehandelten Richtpreise für die Ernte 2021 müssen ab Betrieb angewendet werden. Ohne faire Preise für die Erzeuger wird es keine ökologische Transition des Lebensmittelsystems geben.
Pressekontakt :Rudi Berli - 078 70 77 883 – r.berli@uniterre.ch
Die bäuerlichen Organisationen hatten bis zum 18. Oktober Zeit, zum Gesuch der Branchenorganisation Milch (BO Milch) für eine Verlängerung um vier Jahre der Allgemeinverbindlichkeit des Reglements Standardvertrag und Segmentierung Stellung zu beziehen.
Auch Uniterre hat sich dazu geäussert. Grundsätzlich unterstützt Uniterre die Allgemeinverbindlichkeit für den Standardvertrag und die Segmentierung. Wir akzeptieren aber nicht, dass die Motion Noser nicht umgesetzt wird. Damit wird unsere Demokratie missachtet. Die Motion verlangte nämlich, dass die Lieferung von B-Milch künftig freiwillig ist. Diese Massnahme will die BO Milch aber nicht umsetzen, da sie einen Preiszerfall bei der A-Milch fürchtet.
Das Problem ist aus unserer Sicht weitgehend auf die Zusammensetzung der BO Milch zurückzuführen. Dort sind die Milchproduzent*innen nämlich nicht wirklich, und schon gar nicht paritätisch, vertreten. An dieser Stelle muss erwähnt werden, dass es der selbst erklärte Zweck der BO Milch ist, die «Wirtschaftlichkeit ihrer Mitglieder aus der Schweizer Milchwirtschaft durch Erhalt und Förderung der Wertschöpfung […]» zu stärken. Seit ihrer Gründung hat sich die BO Milch einzig um die wirtschaftliche Tragfähigkeit der Käufer*innen und Verarbeiter*innen gekümmert. Das wichtigste Glied in der Kette, die Milchproduzent*innen, wurde aber vernachlässigt. Die traurige Tatsache ist, dass der Preis für Kuhmilch seit 2009 von 73,17 auf 60,19 Rappen (2020) gesunken ist. In der gleichen Periode ist auch die Anzahl Produzent*innen (inkl. Sömmerungsbetriebe) von 27’151 auf 18’296 (2020) zurückgegangen. Das entspricht einem Rückgang von 32 Prozent.
Weil sich die BO Milch weder willig zeigte, die parlamentarische Motion umzusetzen, noch eine alternative Lösung zur Verbesserung der Wertschöpfung und der Wirtschaftlichkeit der Milchproduktion vorzuschlagen wusste, fordern wir den Bundesrat auf, das Gesuch der BO Milch für die Verlängerung der Allgemeinverbindlichkeit nicht zu verlängern, solange sie keine Anstrengungen unternimmt, um die Planungssicherheit und die Wertschöpfung für die Milchproduzent*innen im Sinne der parlamentarischen Motion zu verbessern.
Zudem fordern wir eine gründliche Umstrukturierung der BO Milch am Beispiel der Sortenorganisation Gruyère, bei der Produzent*innen, Affineur*innen und Käser*innen gerecht vertreten sind.
Es ist höchste Zeit aufzuwachen, bevor es zu spät ist und Milch in der Schweiz so knapp wird, dass die weisse Linie geöffnet werden muss.
Um der Motion Nachdruck zu verleihen, hat Uniterre mit der Parlamentarierin Meret Schneider eine Motion ausgearbeitet. Die Motion 21.4296*«Wertschöpfung und Planungssicherheit für Milchbauern» wurde am 1. Oktober im Nationalrat eingereicht.
*https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/suche-curi...
Pressekontakt : Rudi Berli, r.berli@uniterre.ch - 078 707 78 83
«Blick» zeigt in ihrer Ausgabe vom 9. September 2021, dass Bio Suisse (und ihre Zertifizierungsstelle ICB) im Januar 2020 eine Palmölplantage auf der Insel São Tomé zertifiziert haben: Diese Plantage wurde nur durch intensive Abholzung hochwertiger Wälder zwischen 2011 und 2014 ermöglicht, sowie durch die Beschlagnahme von Flächen, die von lokalen Kleinbäuerinnen und Kleinbauern bebaut waren. Zudem handelt es sich um eine klassische koloniale Plantage von grossem Ausmass (Tausende von Hektaren) im Besitz des multinationalen Unternehmens Socfin, während Bio Suisse Palmöl von Kleinproduzent*innen und sogenannten "innovativen und diversifizierten" Produktionsformen (wie "Agro-Forestry" usw.) verspricht.
Untersuchungen von Uniterre haben die Abholzung und den Landraub sowie die koloniale Art der Agripalma-Plantage dokumentiert: So wie «Blick» (unter Berufung auf Uniterre) feststellt, wurde die Plantage trotz eklatanter Verstösse gegen die Bio Suisse - Vorschriften zertifiziert. In dem Artikel wird auf den «Druck des Detailhandels» auf Bio Suisse hingewiesen, damit biologisches und angeblich «nachhaltiges» Palmöl verkauft werden kann. Das führt bei Bio Suisse mitunter dazu, die Werte zu verraten, die sie zu verteidigen vorgibt. Der Artikel stellt auch fest, dass «die Inspektoren von Bio Suisse völlig überfordert scheinen, wenn es darum geht, solche Probleme zu erkennen».
Bio Suisse wurde von Uniterre Ende Februar 2021 mit den Vorwürfen konfrontiert. Der Verband reagierte rasch und zog im März 2021 die Zertifizierung von Agripalma zurück. Socfin und Agripalma legten jedoch Berufung ein. Der Rekurs ist offenbar heute noch, 6 Monate nach dem Entzug der Zertifizierung, nicht abgeschlossen: Es ist daher zu befürchten, dass Bio Suisse nach einem taktischen Rückzug der Importabteilung im März (Aberkennung) die Plantage von Agripalma erneut zertifizieren wird, sobald sie der Meinung ist, dass sich die Welle der Kritik beruhigt hat. Es ist auch zu befürchten, dass Bio Suisse in Zukunft andere kritische Rohstoffe zertifiziert, und dabei ähnliche Verstösse gegen die Nachhaltigkeitsregeln übersieht – das alles diskret und ohne, dass die Schweizer Produzent*innen und Konsument*innen informiert werden.
Wir verlangen, dass Bio Suisse die eklatanten Schwächen bei der Zertifizierung von Importprodukten korrigiert.
Bio Suisse soll:
- den Rekurs ablehnen und Socfin/Agripalma definitiv aberkennen
- die Zertifizierung von Produkten ablehnen, die gegen die Vorschriften verstossen und bei kritischen Rohstoffen extrem aufmerksam sein.
- den Produzent*innen, die bereits zertifiziert sind, aber im Verdacht stehen, sich nicht an diese Vorschriften zu halten, strenge und zeitlich begrenzte Auflagen erteilen.
- aufhören, «strenge» Regeln ohne Rücksicht auf die Anwendungsbedingungen zu schreiben.
- sich zu Transparenz gegenüber den Mitgliedsorganisationen, den Konsument*innen und Anspruchsgruppen wie Uniterre verpflichten.
Pressemitteilung vom 9. September 2021
Der Entscheid des Nationalrates, ab 2022 an einem Schleppschlauch-Obligatorium festzuhalten, zwingt die Milchproduzent*innen von Uniterre zu einer Reaktion. In einem Brief an diverse Branchenorganisationen des Käsemarkts sowie an die verantwortlichen Regierungsrät*innen für Landwirtschaft drücken sie ihre Bedenken aus. Sie befürchten insbesondere Folgen bei der Käseproduktion angesichts einer möglichen Vermehrung von Buttersäurebakterien. Deshalb fordern sie eine Studie, um mögliche Konsequenzen zu kennen. Bis zur Publikation der Resultate soll ein Moratorium für das Schleppschlauch-Obligatorium verhängt werden.
Die Einführung des Schleppschlauch-Obligatoriums wirft ferner Fragen auf, welche die Milchproduzent*innen direkt betreffen:
- Finanzieller Mehraufwand für die Produzent*innen zur Anschaffung der Gerätschaften: Insbesondere für kleine Betriebe und solche, die sich in Bergregionen befinden. Beiträge zur Förderung von emissionsmindernden Ausbringverfahren werden im Jahr 2021, nachdem sie 2014 eingeführt wurden, wieder abgeschafft. Im Durchschnitt erhielt jeder Betrieb eine finanzielle Unterstützung in der Höhe von 1’000 Franken.
Wie gedenken der Markt oder das Gemeinwesen in Zukunft die Kosten zu decken, die durch ein Schleppschlauch-Obligatorium entstehen? Sollte für die Finanzierung der Gerätschaften nicht ein Investitionskredit, wie dies für Sprühgeräte der Fall ist, in Aussicht gestellt werden? Oder wäre es nicht auch eine Möglichkeit, die Preise für Produzent*innen anzuheben, um so die Zusatzkosten zu kompensieren? - Futterqualität: Welche anderen Einflüsse könnte diese Technik, abgesehen von möglichen Fehlgärungen bei der Käseproduktion, auf die Nahrungsqualität des Futters haben?
- Welche Folgen hat das Obligatorium auf die Bodenverdichtung und für die Biodiversität?
- Graue Energie: Was sind die langfristigen Folgen für die Umwelt, wenn sich Gerätschaften und Zugmaschinen bei der Ausbreitung von Gülle verändern?
- Vereinbarkeit mit dem Strassenverkehrsgesetz: Breite, Maximalgewicht, Deklarierung als separates Gerät oder nicht und die damit verbundenen möglichen Auswirkungen auf die Arbeitsdauer.
Ein Moratorium ist bis zur Beantwortung der oben aufgeführten Fragen und Bedenken zwingend! Es darf nicht sein, dass die Kosten, die durch eine Gesetzesänderung entstehen und auf welche die Produzent*innen keinen Einfluss haben, einmal mehr auf sie zurückfällt. Nicht zuletzt fehlen dem Entscheid auch die nötigen griffigen Begründungen.
Pressekontakt: Maurus Gerber, Milchkommission von Uniterre – 081 864 70 22
Anhang:
Aktion organisiert von Uniterre, Big-M und BBK
Wenn die Milchproduktion eine Zukunft haben soll, geht das nur mit einem Milchpreis, welcher die Produktionskosten deckt. Bis heute werden die Milchbäuerinnen und Milchbauern aber gezwungen, billige B Milch abzuliefern. Das Verteidigen von wertschöpfungsschwachen Marktsegmenten wird mit diesem System auf dem Rücken der Lieferanten ausgetragen. Der Richtpreis für die B Milch liegt 18 Rappen unter demjenigen der A Milch. Diese Billigmilch, mit welcher sogar Dumpingexporte finanziert werden, reisst den Auszahlungspreis nach unten, so dass auf Dauer keine nachhaltige Milch produziert werden kann! So wird die nachhaltige bäuerliche Milchproduktion in der Schweiz täglich weiter zerstört!
Es ist eine Tatsache, dass ständiger Preisdruck in der Landwirtschaft zu Produktionsformen führt, für welche immer weniger Akzeptanz in der Bevölkerung vorhanden ist. Das eidgenössische Parlament hat dies erkannt. Mit einer historischen Einigkeit von links bis rechts wurde vom Ständerat am 24.09.2019, und vom Nationalrat am 28.06.2020 mit lediglich 2 Gegenstimmen die Motion " Verlässlichkeit des Standardvertrags der Branchenorganisation Milch“ der WAK Ständerat angenommen. Ein ganz entscheidender Teil darin ist, dass die Lieferung von billiger B Milch freiwillig werden soll. Der Widerstand der Milchkäufer und der Milchindustrie war zu erwarten. Heute, anlässlich ihrer Delegiertenversammlung wird sich die Branchenorganisation Milch (BOM) weigern, dieser Forderung des Parlamentes nachzukommen. Das ist ein Skandal!
Die Forderung des Parlamentes ist berechtigt und problemlos umsetzbar. Für die Konsumentinnen und Konsumenten ändert dies rein gar nichts, aber durch den Verzicht auf B-Milch steigt der Milchpreis für die Bäuerinnen und Bauern markant.
Wir Milchbäuerinnen und Milchbauern fordern, dass die Motion umgesetzt wird.
Motion "Verlässlichkeit des Standardvertrags der Branchenorganisation Milch "
Eingereicht von: Kommission für Wirtschaft und Abgaben SR Einreichungsdatum: 28.06.2019
Angenommen Ständerat 24.09.2019, Nationalrat 28.06.2020
Der Bundesrat wird beauftragt, bei der Branchenorganisation Milch darauf hinzuwirken, dass der Standardvertrag für den Kauf und den Verkauf von Rohmilch gemäss Artikel 37 des Landwirtschaftsgesetzes folgende Elemente umfasst:
Der Milchkaufvertrag muss sicherstellen, dass der Milchlieferant vor Ablieferung weiss, zu welchen Preisen er Milch liefert, sodass er unternehmerisch planen kann. An der Segmentierung in A-, B- und C-Milch muss festgehalten werden. Dass es keinen C-Preis mehr gibt und dafür überschüssige Milch über den B-Kanal verkauft wird, darf nicht erlaubt sein. Es muss in jedem Fall ein separater Preis für B- und C-Milch festgelegt werden. Der Preis für A- und B-Milch muss im Vertrag mit Menge und Preis in Kilogramm fixiert sein, mindestens für drei Monate. Die Freiwilligkeit der Lieferung von C-Milch muss dem Milchlieferanten gewährleistet sein. Deshalb ist auch vertraglich zu vereinbaren, welche Mengen zu welchem B-Preis abgerechnet werden können. Produzenten, die keine billige B- und C-Milch liefern wollen, dürfen nicht mit Mengenkürzungen im Bereich der A-Milch und der B-Milch bestraft werden.
Viele Bauernfamilien sind erleichtert, während andere sich ein anderes Ergebnis erhofft hatten.
Dieses Ergebnis ist das Resultat einer starken und sehr präsenten 2xNein-Kampagne.Aber heute müssen wir Bäuer.innen den Bürgern danken, welche trotz ernsthafter Umweltbedenken beschlossen haben, der Schweizer Landwirtschaft nicht in Schwierigkeiten zu bringenund die Initiativen abzulehnen.
Ein bedeutender Teil der Schweizer Bevölkerung bekennt sich damit zur Landwirtschaft. Es wäre aber falsch, dieses Ergebnis als eine Bestätigung der aktuellen Agrarpolitik zu verstehen, die die bäuerliche Landwirtschaft auf dem Altar der Wettbewerbsfähigkeit opfert.
Das Abstimmungsergebnis zeigt, dass Lösungen für die Herausforderungen, vor denen unsere Gesellschaft, unser Ernährungssystem und die Landwirtschaft stehen, bereits jetzt eine Diskussion mit allen Beteiligten, insbesondere den Bäuer.innen, erfordern. Das BLW, der SBV und die Landwirtschaftskammern müssen nun ihre Ziele in Bezug auf die Reduktion von Pflanzenschutzmitteln und Antibiotika klar kommunizieren, klare Fristen nennen und die Ergebnisse begründen. Die Frage der Futtermittelimporte muss ernsthaft debattiert werden. Uniterre stellt klar, dass es keine Lösung geben wird, ohne die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu berücksichtigen, die die Landwirtschaft in Richtung Spezialisierung, Mechanisierung, industrieähnliche Rationalisierung und Vergrößerung der Strukturen drängen.
Uniterre kommt auf die Ernährungssouveränität zurück, die eine vielfältige, auf kurzen Wegen basierende Landwirtschaft fördert. Ein transparentes und demokratisches System, das, wenn es umgesetzt wird, die Bedürfnisse der Bäuer.innen, aber auch der Konsument.innen erfüllt und gleichzeitig garantiert, dass klimatische, soziale und wirtschaftliche Aspekte berücksichtigt werden.
Effizientere Vertriebssysteme, engere Beziehungen zwischen Konsument.innen und Produzent.innen, eine gerechtere Aufteilung der Risiken und eine Verringerung der Margen des Großverteiler werden notwendig sein, um diesen Übergang zu ermöglichen.
Die ständige Erhöhung des Drucks auf die Erzeugerpreise durch eine den internationalen Handel begünstigende Bundespolitik muss gestoppt werden. Damit die Landwirtschaft die Erwartungen der Gesellschaft erfüllen kann, muss die Produktion durch Verträge geregelt werden, die Mengen, Qualität, Preis, Liefertermine und Vorauszahlungen festlegen. Die Verhandlungen für diese Verträge müssen transparent sein, um die notwendige Gerechtigkeit zu gewährleisten. Der Zugang zu hochwertigen Lebensmitteln für alle Bevölkerungsgruppen muss durch sozialpolitische Maßnahmen unterstützt werden. Gemeinsam mit allen beteiligten Akteuren wird sich Uniterre für die Zukunft der bäuerlichen Produktion in der Schweiz stark machen.
Die jüngste Zeit hat uns deutlich vor Augen geführt, wie wichtig eine sichere Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist und die zentrale Rolle welche die bäuerliche Landwirtschaft beim Übergang zu einer nachhaltigeren Gesellschaft spielen muss. Diese bäuerliche Landwirtschaft wird heute zwischen dem Ziel einiger wirtschaftlicher Akteure, auf einem zunehmend globalisierten Lebensmittelmarkt zu agieren, dem permanenten Druck, den dieses Modell auf die Produzentenpreise erzeugt, und auf der anderen Seite eines wachsenden Anspruchs der Gesellschaft nach dem Erhalt der natürlichen Ressourcen, des Klimas und der Artenvielfalt, aufgerieben. Wir lehnen daher die Verschiebung dieses offensichtlichen Konflikts auf die vorliegenden Konsultation und die Agrarpolitik ab.
Wir können keine Vorschläge akzeptieren, die Importe auf Kosten der einheimischen bäuerlichen Produktion begünstigen, die ökologisch, wirtschaftlich und sozial nachhaltig sein sollte. Dies gilt insbesondere für die vorgeschlagene Lockerung des Zollschutzes für Butter durch Senkung der Mindestpackungsgröße von 25 auf 10 kg. Dies ist eine inakzeptable Lockerung in einer Zeit, in der der an die Milcherzeuger gezahlte Preis beschämend niedrig bleibt.
Ausserdem lehnt Uniterre die vorgeschlagenen Änderungen im Milchsektor, nämlich die Senkung der Verkäsungszulage ab. Wir möchten daran erinnern, dass die Höhe dieser Prämie im Landwirtschaftsgesetz festgelegt ist und dass es daher nicht akzeptabel ist, das Gesetz durch eine Verordnung zu ändern. Wir fordern eine Verschärfung der Kriterien für die Gewährung der Verkäsungszulage für verarbeitete Milch. Wir unterstützen die direkte Auszahlung dieser Prämie an die Produzenten, wie es das Gesetz vorsieht. Darüber hinaus ist es wichtig, dass der neue Milchvertrag die Lieferfreiheit von Milch aus dem Segment B ohne Nachteile garantiert, wie im Antrag 19.3952 "Verbesserung der Bedingungen des Standardvertrags der Branchenorganisation Milch" der WAK- Ständeratkommission vorgesehen. Dieser Antrag welcher von beiden Kammern des Parlamentes angenommen wurde muss jetztschnell umgesetzt werden. Schliesslich unterstützt Uniterre auch den Antrag 20.3945 von Nicolet, die Milchpreisstützungsverordnung dahingehend zu ändern, dass der Verkäsungszuschlag, nur für Milchmengen gewährt wird, die mindestens zum Preis des Segments A bezahlt werden.
In Bezug auf die Direktzahlungen stellen wir fest dass damit Leistungen der Landwirtschaft bezahlt werden. Sie sollten daher kein Instrument der Bestrafung sein, das andere rechtliche Mechanismen ersetzt.
Schliesslich ist Uniterre der Ansicht, dass die landwirtschaftliche Beratung und Forschung eine wichtige Rolle dabei spielen muss, sowohl die Landwirtschaft als auch das Ernährungssystem als Ganzes auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit, Resilienz und Gerechtigkeit zu begleiten.
Pressekontakt: Rudi Berli - 078 70 77 883
Uniterre hat sich noch einmal mit den Initiativen im Zusammenhang mit der Landwirtschaft auseinandergesetzt, die am 13. Juni 2021 zur Abstimmung kommen. Nachfolgend haben wir die wichtigsten Punkte herausgearbeitet.
Stimmfreigabe zur «Initiative für eine Schweiz ohne synthetische Pestizide»
Der Wunsch, auf synthetische Pestizide zu verzichten, ist lobenswert. Unsere Gesellschaft muss zu einer Landwirtschaft tendieren, die auch in Zukunft lebendige, kultivierbare Böden bewirtschaften kann und so unsere Ernährung sicherstellt. Um das zu erreichen, müssen wir ABER den Landwirt*innen faire Preise, Unterstützung bei der Umstellung hin zu einer Landwirtschaft ohne Pestizide und ein konkretes Engagement der Konsument*innen garantieren. Alle unsere Forderungen finden Sie in Anhang 1 ab Seite 2.
Uniterre will den Fokus – abseits der Pro- oder Kontra-Debatte zum Pflanzenschutz – auf das echte und akute Problem in der Landwirtschaft, nämlich jenes der Preise richten. Ebenso wollen wir das ganzheitliche System, das die bäuerliche Welt herabwürdigt und zerstört, infrage stellen. Denn: Zugunsten eines verstärkten Freihandels wird der Markt immer stärker dereguliert und die Ernährungssouveränität der Völker nimmt ab. Wir sind der Meinung, dass das herrschende System überdenkt werden muss!
Am 13. Juni 2021 werden die Konsument*innen entscheiden, welche Art von Nahrungsmittel sie in Zukunft zu sich nehmen wollen. Wenn sie sich dafür entscheiden, auf synthetische Pestizide zu verzichten, dann werden wir von Uniterre dafür kämpfen, einen starken Rahmen zu schaffen, auf dem wir unsere Forderungen aufbauen können.
NEIN zur «Initiative für sauberes Trinkwasser und gesunde Nahrung»
Diese Volksinitiative straft die Bauernfamilien ab und macht sie zu den Alleinschuldigen der Wasserverschmutzung unserer Gewässer. Deshalb bietet der Initiativtext aus unserer Sicht eine sehr schlechte Lösung für das vorliegende Problem. Zudem erwähnt er die Importe, ein ganz wichtiger Punkt, nicht. Indem dieses Thema bewusst weggelassen wird, wirbt die Initiative für eine saubere und ordentliche Schweizer Landwirtschaft, ohne sich darum zu kümmern, was in unseren Nachbarländern oder am anderen Ende der Welt passiert. Das Resultat wäre die Etablierung eines Zwei-Klassen-Systems! Unser vollständiges Argumentarium finden Sie in Anhang 2 auf Seite 4.
Die 2xNEIN-Kampagne ist kontraproduktiv
Wir bedauern, dass in der Kampagne einige Argumente vorgebracht werden, welche die Realität verzerren. Ist es beispielsweise klug zu sagen, dass bei einer Annahme der Initiativen die Preise für Nahrungsmittel steigen würden? Gerade jetzt, wo wir doch für gerechtere Preise für die Landwirt*innen kämpfen sollten! Oder das Argument, dass vielleicht Arbeitsplätze verschwinden würden. Im Gegenteil: Eine Landwirtschaft, die keine synthetischen Pestizide einsetzt, benötigt mehr Arbeitskräfte! Deshalb finden wir es völlig kontraproduktiv, diese beiden Initiativen in einen Topf zu werfen.
Die beiden Initiativen hätten eine Gelegenheit sein können, eine echte DEBATTE über unser Nahrungsmittelsystem zu führen, das wir uns für die Zukunft wünschen. Sie hätte die Möglichkeit geboten, die edle Arbeit aufzuwerten, die unsere Bäuerinnen und Bauern täglich leisten, nämlich die Versorgung unserer Bevölkerung mit Nahrung! Stattdessen werden wir Zeitzeug*innen eines sinnlosen Krieges, der die bäuerliche Welt spaltet – und das bedauern wir zutiefst. «Die Landwirtschaft spalten und herrschen!», ein Diskurs, der sich scheinbar nie ändert…
Uniterre wird seinen Kampf für einträgliche Preise fortsetzen und die Arbeit der Bäuerinnen und Bauern verteidigen.
Pressekontakte:
Rudi Berli, 078 707 78 83 (D/F)
Vanessa Renfer, 078 821 24 83 (F)
Anhang 1: Argumentarium Initiative für eine Schweiz ohne synthetische Pestizide
Die Initiative «Für eine Schweiz ohne synthetische Pestizide», auch bekannt als Future 3.0, fordert innerhalb von 10 Jahren nicht nur ein Verbot des Einsatzes von synthetischen Pflanzenschutzmitteln in der Landwirtschaft, sondern auch in der Landschaftspflege, bei Grünflächen und im öffentlichen Raum. Sie fordert zudem, dass importierte Produkte für den menschlichen und tierischen Verzehr frei von diesen Substanzen sein müssen.
Folgende Fakten können nicht geleugnet werden:
- Der Druck und die Nachfrage vonseiten der Konsument*innen für pestizidfreie Produkte steigt kontinuierlich.
- Wir sind Zeitzeug*innen eines Zusammenbruchs der Biodiversität sowie einer Verschlechterung der Boden- und Wasserqualität. Dafür ist die Landwirtschaft mitverantwortlich.
- Die Forschung schlägt Alarm über die dramatischen Folgen von synthetischen Pflanzenschutzmitteln für unsere Gesundheit und vor allem derjenigen der Bäuerinnen und Bauern.
Ebenfalls ist klar, dass:
- Wir Zeitzeug*innen vom Aussterben der bäuerlichen Welt (1955 waren 19 % der Gesamtbevölkerung in der Landwirtschaft tätig, 2005 waren es noch 2 %) sowie vom Verschwinden von Bauernhöfen und Landwirtschaftsflächen sind.
- WÄHREND der Druck auf die Produktionspreise stetig zunimmt, Bäuerinnen und Bauern immer weniger Handlungsspielraum haben. Umwelt- und Tierschutzauflagen werden stetig nach oben angepasst. Unsere Bäuerinnen und Bauern werden für die geleistete Arbeit angesichts der an sie gestellten Anforderungen nicht gerecht entlohnt.
- Bäuerinnen und Bauern verschulden sich immer mehr.
Der Wunsch, auf synthetische Pestizide zu verzichten, ist lobenswert. Unsere Gesellschaft muss zu einer Landwirtschaft tendieren, die auch in Zukunft lebendige, kultivierbare Böden bewirtschaften kann und so unsere Ernährung sicherstellt.
Um das zu erreichen, müssen wir ABER den Bäuerinnen und Bauern Folgendes garantieren:
- Faire Preise, d. h. Preise, welche die Produktionskosten decken:
- Das erfordert von den Konsument*innen ein starkes Engagement, lokal zu konsumieren und zu akzeptieren, dass Nahrungsmittel ihren Preis haben. Wir fragen uns: Ist es normal, dass nur 7 % unseres Haushaltsbudgets für Nahrungsmittel verwendet werden? So oder so müssen wir eine Lösung finden, um Familien mit sehr geringen Einkommen zu unterstützen. Denn: Gesundes Essen ist ein Recht und kein Luxus!
- Grossverteiler*innen müssen sich der Folgen ihrer kommerziellen Strategie (Preisdruck, erhöhte Margen, Importe usw.) bewusstwerden und sich ihrer sozialen, ökologischen und wirtschaftlichen Verantwortung annehmen.
- Der Bund muss einen Rahmen schaffen, der sicherstellt, dass Produzent*innen klare und transparente Informationen über die Märkte und über die erzielten Margen auf allen Stufen der Wertschöpfungskette erhalten. Zudem müssen Produzent*innen in die Entscheidungsprozesse miteinbezogen werden. Dies fordert die UN-Erklärung über die Rechte von Kleinbauern und -bäuerinnen und anderen Menschen, die in ländlichen Regionen arbeiten in den Artikeln 2.3, 11 und 16.[1]
- Die Schweiz muss sicherstellen, dass die auf ihrem Territorium ansässigen Wirtschaftsunternehmen die Rechte der Bäuerinnen und Bauern achten und stärken (Art. 2.5).
--> Wenn morgen die landwirtschaftliche Produktion ohne synthetische Pestizide zur Norm wird, müssen wir dafür sorgen, dass die Preise für Produzent*innen nach oben und nicht nach unten angepasst werden.
Sollte die Initiative angenommen werden, fordern wir:
- konkrete Massnahmen des Bundes, d. h.:
- Importierte Produkte müssen die gleichen Produktionsanforderungen erfüllen wie einheimische Produkte, ansonsten werden sie verboten.
- Garantierte und vorrangige Behandlung von einheimischen Produkten.
- Importe sollen nur Lücken der einheimischen Produktion füllen.
- massive Investitionen in die öffentliche Forschung: In manchen Fällen müssen Pflanzen z. B. gegen Schädlinge behandelt werden. Wir müssen Alternativen finden, welche die Gesundheit von Mensch und Tier nicht gefährden und die Bodengesundheit und Wasserqualität aufrechterhalten. Wir müssen ebenso die Forschung nach Sorten intensivieren, die gegen Krankheiten und Klimaschwankungen resistent sind.
- die Förderung agrarökologischer Praktiken: Anbaumethoden, integrierte Schädlingsbekämpfung, präventive Massnahmen gegen Krankheiten usw.
- die Unterstützung der Bäuerinnen und Bauern in der Übergangsphase:
- Aufwertung der landwirtschaftlichen Gehälter, um die Zahl der in der Landwirtschaft tätigen Personen zu erhöhen;
- Anpassung der Aus- und Weiterbildung an die neuen Herausforderungen;
- Landwirtschaftliche Beratung muss durch Ausbildner*innen vulgarisiert und verbreitet werden.
- konkrete Massnahmen, um die Nahrungsmittelverschwendung zu stoppen: 2,6 Mio. Tonnen Nahrungsmittel gehen in der Schweiz jährlich verloren. Damit könnten die Ertragsrückgänge, die je nach Kultur zwischen 10 und 40 % liegen, kompensiert werden.
- die Herausnahme landwirtschaftlicher Produkte aus den Freihandelsabkommen. Die aktuellen Freihandelsabkommen gefährden die lokale Versorgung: Bestes Beispiel ist der Schaden, der im Weinsektor verursacht wurde. Freier Markt und mehr Nachhaltigkeit sind unvereinbar!
- eine Stärkung des Bewusstseins der Konsument*innen und die Bereitstellung von Informationen.
--> Alles, was wir hier fordern, ist nichts anderes als die Umsetzung des Konzepts der Ernährungssouveränität. Dafür kämpft Uniterre gemeinsam mit La Via Campesina seit Jahrzehnten. Ernährungssouveränität kann Realität werden, indem die UN-Erklärung über die Rechte von Kleinbauern und -bäuerinnen und anderen Menschen, die in ländlichen Regionen arbeiten in der Innen- und Aussenpolitik der Schweiz umgesetzt wird.
Wenn die Initiative angenommen wird, dann handelt es sich um ein Gesellschaftsprojekt, das uns alle angeht. Wir können von den Bäuerinnen und Bauern nicht verlangen, dass sie diesen Schritt alleine machen. Dafür nötig sind ein radikaler Paradigmenwechsel und eine echte Partnerschaft zwischen Konsument*innen und Produzent*innen!
Anhang 2: Argumentarium zur Initiative für sauberes Trinkwasser und gesunde Lebensmittel
Die Initiative für sauberes Trinkwasser und gesunde Lebensmittel will den Erhalt von Direktzahlungen an mehrere neue Regeln knüpfen. Und zwar den Verzicht auf synthetische Pestizide, den Verzicht auf prophylaktische Antibiotikatherapie in den Viehherden und die Haltung von Tieren nur dann, wenn ihr Futter zu 100 % auf dem Hof erzeugt werden kann. Im Gegenteil zur ersten Initiative behandelt der Initiativtext das Problem der Importe nicht und fordert einzig Anstrengungen von den Bauernfamilien.
Die Initiative verfolgt zwar das gleiche lobenswerte Ziel, setzt aber woanders an. Diese Initiative straft die Bauernfamilien ab und macht sie zu den Alleinschuldigen der Wasserverschmutzung unserer Gewässer. Das Initiativkomitee erlaubt es sich sogar, in seiner Argumentation zu behaupten, die Schweizer Bevölkerung bezahle die Bäuerinnen und Bauern über ihre Steuern und Direktzahlungen für die Verschmutzung.
Unserer Ansicht nach bietet dieser Text eine sehr schlechte Lösung für das vorliegende Problem. Obwohl klar ist, dass die Mehrheit der Betriebe keine andere Wahl hätte, als die neuen Bedingungen für Direktzahlungen zu erfüllen, verbietet im Gegenzug die Initiative den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in der Schweiz nicht. In einigen Produktionsbereichen wie z. B. dem Weinbau oder dem Obstanbau scheint es offensichtlich, dass die Produzent*innen sich dafür entscheiden würden, auch weiterhin mit fragwürdigen Stoffen zu arbeiten.
Zudem erwähnt der Initiativtext die Importe, ein ganz wichtiger Punkt, nicht. Indem dieses Thema bewusst weggelassen wird, wirbt die Initiative für eine saubere und ordentliche Schweizer Landwirtschaft, ohne sich darum zu kümmern, was in unseren Nachbarländern oder am anderen Ende der Welt passiert. Das Resultat wäre die Etablierung eines Zwei-Klassen-Systems! Uniterre hat sich jedoch schon immer für eine gesunde Ernährung eingesetzt, die auf einem familiären, bäuerlichen Produktionssystem basiert und so respektvoll wie möglich ist – und zwar für die ganze Bevölkerung!
[1] Die Schweiz ist verpflichtet, alle Anstrengungen zu unternehmen, um die Position der Bäuerinnen und Bauern bei Verhandlungen zu stärken (Art. 9.3), wobei die bestehenden Machtungleichgewichte zwischen den verschiedenen Parteien zu berücksichtigen sind und ihre aktive, freie, wirksame und aufgeklärte Mitwirkung zu gewährleisten ist (Art. 2.3). Da der Zugang zu Informationen ein Schlüsselelement bei Verhandlungen ist, haben Bäuerinnen und Bauern das Recht, Informationen über Umstände zu erhalten, die sich auf die Produktion, Verarbeitung, Vermarktung und den Vertrieb ihrer Erzeugnisse auswirken können (Art. 11.1).
Die vom Bundesrat empfohlene generelle Ausrichtung der Agrarpolitik PA22+ basiert auf der Feststellung, dass die Schweizer Landwirtschaft nicht ausreichend produktiv und wettbewerbsfähig sei. Die von der Regierung vorgeschlagenen Lösungen sind der Ausbau von Strukturen und Spezialisierung sowie eine Steigerung der Produktivität. Der Abbau von Zöllen durch Freihandelsabkommen soll das Problem der Wettbewerbsfähigkeit lösen. Der Entwurf der AP22+ verstärkt die Widersprüche der aktuellen Agrarpolitik, er stellt das System nicht in Frage, das de facto weder nachhaltig noch sozial sein kann, weil sein Hauptprinzip darin besteht, zu den geringst möglichen Kosten zu produzieren. Das Projekt entkoppelt Produktion, Soziales und Ökologie, während die aktuellen Herausforderungen ein Umdenken des Systems erfordern würden, denn sie tragen dem Verfassungsauftrag der Nachhaltigkeit derzeit keine Rechnung.
Das Betriebseinkommen liegt 30% unter dem Durchschnittseinkommen und beträgt Fr. 4'550-, bei einem Stundenlohn von weniger als Fr.20.-. Die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe in der Schweiz erodiert mit einer Rate von 2 bis 3 Betriebsaufgaben pro Tag und mehr als 100.000 Arbeitsplätze sind in 20 Jahren verloren gegangen. Der Trend zur Industrialisierung und Spezialisierung nimmt auf Kosten der Umwelt zu. Die Landwirtschaft entwickelt sich tendenziell unabhängig von der Tragfähigkeit der vorhandenen natürlichen Ressourcen. Der Verlust der Bodenqualität ist eine Folge davon. Dieser Trend verschlechtert die Energiebilanz der Produktion, erhöht den Einsatz von importierten Betriebsmitteln und hat negative Auswirkungen auf das Klima, die Umwelt, die Artenvielfalt und die Wasserqualität: Es ist eine Sackgasse!
Die Zurückweisung der AP 22+ sollte unsere Regierung in die Lage versetzen, ein Projekt zu präsentieren, das die verschiedenen Säulen der Nachhaltigkeit wirklich in eine langfristige Vision für Landwirtschaft und Ernährung integriert. Dieser Bericht über die künftige Entwicklung der Agrarpolitik muss die Entwicklung von kurzen Kreisläufen ernsthaft berücksichtigen und Massnahmen zur Reduzierung der Lebensmittelverschwendung vorschlagen
Die Debatten zeigen deutlich die Sorgen und Forderungen der Bürgerinnen und Bürger, veranschaulicht durch die Volksinitiativen zum Trinkwasserschutz, Futtermittelproduktion, zum Einsatz von Pestiziden und zur Tierhaltung. Diese Debatten müssen in die neue Agrarpolitik einbezogen werden. Es sollte nicht vergessen werden, dass die wirtschaftliche Planung in der Landwirtschaft über lange Zeithorizonte erfolgt. Der Vierjahresrhythmus der agrarpolitischen Reformen ist bereits viel zu schnell. Aus diesem Grund können wir den Vorschlag, die Laufzeit des Finanzrahmens auf zwei Jahre zu verkürzen, nicht akzeptieren. Um auf die fehlenden landwirtschaftlichen Einkommen, die steigenden Preise und die zunehmende Nachfrage zu reagieren, unterstützt Uniterre eine Erhöhung des Finanzrahmens um Fr. 186 Mio.
Mittelfristig schlägt Uniterre die Durchführung eines "Etats généraux de l'Agriculture" vor, der die verschiedenen Akteur*innen in einem partizipativen, transparenten und demokratischen Prozess zur Neuausrichtung der Ernährungspolitik auf der Grundlage der Erklärung der Vereinten Nationen über die Rechte der Bauern und anderer in ländlichen Gebieten arbeitender Menschen (UNDROP) zusammenführt
Kurzfristig und als Antwort auf die aktuellen Diskussionen im Parlament sind die Vorschläge von Uniterre wie folgt:
Wir unterstützen die weitere Förderung von emissionsmindernden Ausbringtechniken. Anreize für den Einsatz von Schleppschlauchsystemen sollten beibehalten werden. Eine Verpflichtung zur Nutzung dieses Systems ist jedoch abzulehnen, da sie mit Kosten verbunden wäre, die sich viele Betriebe nicht leisten können. Ausserdem ist dieses System für die Topographie vieler Gebiete (Hanglage, steil oder klein) nicht geeignet. Die Verdichtung des Bodens durch das Gewicht der eingesetzten Maschinen ist entscheidend und muss beachtet werden.
Mineralstoffverluste müssen im nachgelagerten Bereich minimiert werden, insbesondere durch die Wahl geeigneter Aufstallungssysteme in Abhängigkeit von der Anzahl der Tiere im Betrieb und der Fläche des Betriebes. Dies beinhaltet den Einsatz von Hofdünger. Die Preiswahrheit muss wiederhergestellt werden, wobei die Externalisierung von Umweltkosten durch den Import von Düngemitteln und anderen Betriebsmitteln berücksichtigt werden muss. Eine nachhaltige Landwirtschaft, deren Produktivität durch die vorhandenen natürlichen Ressourcen und die Autonomie der Betriebe bestimmt wird, ist ohne eine Neuanpassung der Preise an die Produktion nicht denkbar.
In dieser Perspektive befürwortet Uniterre die Organisation eines geordneten Ausstiegs des Glyphosats und fordert die Mittel, um die landwirtschaftliche Forschung nach Alternativen zu stärken und die Bäuerinnen und Bauern bei diesem Übergang zu begleiten. Und die Schweizer Agrarproduktion darf nicht in Konkurrenz zu Produkten gesetzt werden, deren Produktionsmethoden weniger anspruchsvoll sind.
Die Freihandelsabkommen sind ein Beispiel für diese Sackgasse. Sie stärken die Interessen des Agrobusiness auf Kosten der Bäuerinnen und Bauern im globalen Süden und der Schweiz. Sie haben gravierende Auswirkungen auf das Klima und die Umwelt in Drittländern und verletzen die Rechte der Bauern und Bäuerinnen. Aus all diesen Gründen müssen landwirtschaftliche Produkte von Freihandelsabkommen ausgeschlossen werden! Angefangen beim Freihandelsabkommen mit dem Mercosur, das dem fakultativen Referendum unterstellt werden muss.
Ein Projekt zur regionalen Entwicklung (PRE) "Bio Gemüse Seeland" wurde eingereicht. Das Hauptziel des Projektes ist es, zusammen mit Murten Tourismus einen Mehrwert im Bio-Gemüsebau in der Region Seeland zu schaffen. Gegen dieses Vorhaben hat die Fenaco am 18. Januar 2021 Rekurs eingereicht. Mehrere Organisationen sind darüber schockiert:
Offener Brief an den Verwaltungsrat und an die Geschäftsleitung der fenaco
Die nachstehend unterzeichnenden landwirtschaftlichen Berufsorganisationen möchten Ihnen ihre Reaktion auf Ihren am 18. Januar 2021 eingereichten Rekurs gegen die öffentliche Unterstützung des Projekts zur regionalen Entwicklung (PRE) Bio Gemüse Seeland zukommen lassen. Unsere Empörung muss den regionalen Genossenschaften als Mitglieder von fenaco, Ihren Einzelmitgliedern, Mitarbeitern, Partnern und Kunden bekannt gemacht werden. Es ist hier weder der Ort, noch ist es unsere Aufgabe eine juristische Argumentation zu liefern, um diesen skandalösen Rekurs anzuprangern. Wir vertrauen auf die Dienste des Kantons Freiburg und des Bundesamtes für Landwirtschaft, um eine vollständige, fundierte und entschiedene Antwort auf Ihren Vorstoss zu geben.
Hingegen erachten wir es als unsere Pflicht, sowohl unsere Bestürzung, unser Unverständnis und unsere Wut zum Ausdruck zu bringen als auch die Verachtung anzuprangern, die ein Unternehmen mit mehr als 7 Milliarden Franken Umsatz, das behauptet, "den Bauern zu gehören", gegenüber kleineren, lokalen landwirtschaftlichen Organisationen und gegenüber dynamischen und mutigen Gemüsebauern entgegen bringt. Das Freiburger PRE wurde von offiziellen Gremien der Eidgenossenschaft, den Freiburger Behörden und dem kantonalen Parlament akzeptiert. Es ist das Resultat einer sorgfältigen und vollständigen Vorbereitung gewesen. Dieses Instrument der landwirtschaftlichen Entwicklung gibt es seit vierzehn Jahren. Warum haben Sie sich nicht von Anfang an gegen das Grundprinzip ausgesprochen? Bis heute wurden mehr als 62 PRE in der ganzen Schweiz angenommen, sind in Umsetzung oder sind schon abgeschlossen. « Das Kernziel dieser regionalen Zusammenarbeit ist die Schaffung von Wertschöpfung in der Landwirtschaft. Durch die Zusammenarbeit im PRE soll das Potential in der Region ausgeschöpft werden und zu einem verbesserten landwirtschaftlichen Einkommen führen. » (BLW). Was gefällt Ihnen nicht am Zweck der PRE-Grundsätze? Die Grundidee, dass die Bauern und Bäuerinnen ihr landwirtschaftliches Einkommen erhöhen können? Wollen Sie nicht auch, dass sich unser professioneller Sektor weiterentwickelt? Was für Absichten haben Sie, wenn Sie eine Bauerninitiative frontal angreifen? Ist Ihnen nicht bewusst, dass der Erfolg dieses Projekts der gesamten Landwirtschaft, sowie weiteren regionalen Partnern, wie dem lokalen Tourismus zugute kommt? Hat fenaco und ihre Mitglieder noch nie öffentliche Gelder für Projekte oder Bauvorhaben erhalten? Ist es in einer Zeit, in der das Image unseres Berufsstandes nicht gerade positiv ist, wirklich angebracht, den Ast abzusägen, auf dem auch Sie sitzen? Wie können Sie es wagen, von unlauterem Wettbewerb zu sprechen, wo Sie doch in vielen Bereichen eine marktbeherrschende Stellung einnehmen?
Auf all diese Fragen erwarten wir keine Antwort von Ihnen. Wir sind Schweizer Berufsorganisationen der Landwirtschaft und möchten Sie, da es Ihnen nicht ganz klar zu sein scheint, daran erinnern, dass Sie Landwirte sind oder für die Schweizer Landwirte arbeiten. Indem Sie dieses PRE angreifen, greifen Sie den gesamten Berufsstand an. Es sind all jene, die sich um die Wertsteigerung unseres Berufsstandes bemühen, die Sie damit verunglimpfen.
Um eine gute Fortsetzung der Zusammenarbeit mit Ihrem Unternehmen zu gewährleisten, fordern wir, die unterzeichnenden Organisationen dieses offenen Briefes, Sie eindringlich auf, Ihre Einsprache gegen das PRE Bio Gemüse Seeland nach dem Entscheid der ersten Instanz unverzüglich zurückzuziehen.
Bio Fribourg, Bio Genève, Bio Vaud, Bio Neuchâtel, Progana, Terra Viva, Uniterre, Uniterre Sektion Fribourg