Vom 16. bis 30. Juli 2018 bleibt unser Sekretariat geschlossen. In Notfällen können Sie folgende Personen kontaktieren: Rudi Berli 078 707 78 83 oder Vanessa Renfer 078 821 24 83

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Zukunftsvision!

Auch nach mehr als 60 Jahren Geschichte und Kampf hat sich nicht viel verändert: Die Zahl der Arbeitskräfte in der Landwirtschaft schmilzt wie Schnee an der Sonne dahin, Bauerhöfe werden verlassen und Ackerland verwächst mit immer grösser werdenden Höfen, in denen sich die Bäuerinnen und Bauern isoliert wiederfinden. Das sind keine guten Nachrichten. Dennoch gibt es Lichtblicke: Die Entwicklung der Direktvermarktung, Hofläden, Vereine von KonsumentInnen und ProduzentInnen, die gemeinsam regionale Vertragslandwirtschaft fördern. Aber auch Bäuerinnen und Bauern, jung und alt, die sich der Herausforderung einer innovativen, originellen Produktion stellen. Und zwar ausserhalb der traditionellen Ackerfurchen. Es sind dies jene Furchen, die durch die Agroindustrie und den Liberalismus so tiefgepflügt wurden, dass dort nur noch Staub und Steine übrig geblieben sind.

Nach der Philosophie der Ernährungssouveränität wollen wir in Zukunft gemeinsam mit
anderen Organisationen neue Wege gehen. Einerseits, um die Anliegen und den Berufsstand der Bäuerinnen und Bauern zu verteidigen und andererseits, um die gerechtfertigten Erwartungen der KonsumentInnen zu berücksichtigen. Wir müssen Hand in Hand mit der ganzen Bevölkerung vorwärtsgehen. Nachfolgend eine kleine, unvollständige Ausschau auf die bis 2021 angelegten Projekte:

  • Uniterre, eine lebendige Bewegung, aktiv und vielfältig, ein Ort für Debatten und Annährungen. Den Kampf für eine gerechte Entlöhnung der ProduzentInnen weiterführen. Insbesondere mit dem Projekt "Faire Milch", das – so hoffen wir – anderen Projekten den Weg öffnen wird.
  • Unsere Ausbreitung in der Deutschschweiz fortsetzen, wo junge Bäuerinnen und Bauern sich begeistert engagieren.
  • Die Isolierung der Bäuerinnen und Bauern bekämpfen und dank von kantonalen UniterreSektionen organisierten Cafés paysans die Beziehungen zwischen den KollegInnen in den Regionen fördern.
  • Sich NGOs und Vereinen annähern, mit de-nen der Kontakt in der Vergangenheit nicht immer einfach war. Ein gehaltvoller Dialog soll
  • gefördert werden.

Wir wünschen uns, dass die Ernährungssouveränität den Samen für eine neue Gesellschaft zum Keimen bringt. Eine gerechtere Gesellschaft, die den Menschen ins Zentrum stellt und es erlaubt, seine Entwicklung mit den Tieren und ihrer Umwelt harmonisch zu gestalten.

Die Menschheit hat grosse Entwicklungen hinter sich: die Entdeckung des Feuers, jene der Schrift, die ersten grossen interkontinentalen Reisen, die industrielle Ära, die sexuelle Revolution oder die digitale Ära, um nur ein paar wenige zu nennen. Und wenn die Ernährungssouveränität der nächste grosse Fortschritt unserer Gesellschaft wäre?

Die Landwirtschaft ist dabei ein wichtiger, zentraler Träger. Warum also nicht hier ansetzen und uns dorthin bewegen, was gestern noch unmöglich erschien?

Sind auch Sie dabei? •


Vanessa Renfer
Bäuerin und UNITERRE sekretärin


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Rückblick auf den Milchstreik von 2008. Ein grosser Moment bäuerlicher Mobilisierung.


Chronologie


2005 - Erstes Treffen der europäischen Milchproduzenten (EMB). Forderung nach einem kostendeckenden Preis von 40cts Euros/.-1 Fr. Sowie einer Mengensteuerung in bäuerlicher Hand. Strategie der Bündelung der Bauern, Streikdrohung.

2005, 18. Oktober - Pressekonferenz in Bern von Uniterre, Big-M und BZS, Vorstellung der Fahne "Milchstreik ja - Grève du lait oui". Während dem Winter Verkauf von 1200 Fahnen.

2006 - Frühzeitiger Ausstieg aus der Milchkontingentierung, Zuteilung von Mehrmengen.

2007 - Vollständige Liberalisierung des Käsehandels EU- Schweiz.

2007 Sommer, Vertrieb der Tafeln "Bauern brauchen einen fairen Milchpreis Fr. 1.-".

2008, 1. Februar - Demonstration in Bern. Big-M und Uniterre demonstrieren für einen fairen Milchpreis von Fr. 1.-

26. Mai - Beginn Milchstreik in Deutschland.

27. Mai - Big-M ruft zum Milchstreik auf.

28. Mai - Uniterre ruft zum Milchstreik auf.

29. Mai - Bauernverbände Luzern und Aargau stellen sich hinter die Forderungen der Produzenten.

30. Mai - Bauernverbände Zürich und Jura solidarisiern sich ebenfalls. Teilstreik NBKS, BZS, BBK.

1. Juni - SMP stellt der Industrie ein Ultimatum für eine Preiserhöhung und droht sich auch zu solidarisiern.

2. Juni - Die Verhandlungen zwischen SMP und Industrie kommen um Mitternacht zu einem Abschluss.

3. Juni - Ende des Streiks.

Juni - In einer Basisbefragung sprechen sich 80 % der Milchproduzenten für eine private Mengensteuerung durch die Dachorganisation der Produzenten aus.



Die Forderungen. Die Basisorganisationen haben nicht die gleichen Forderungen: Auf der Preisebene fordert Big-M eine Erhöhung von 10 Rp ab 1. Juli und mittelfristig einen kostendeckenden Milchpreis von Fr.1.-, Uniterre fordert Fr. 1.- während BZS einen Milchpreis von 85 Rp. ab 1. Juni und Fr. 1.- mittelfristig verlangt. Die Dachorganisation SMP will eine sofortige Milchpreiserhöhung von 7 Rp. Der Milchpreis lag damals bei 72 Rp.

Auf allgemeiner Ebene verlangen die bäuerlichen Basisorganisationen alle eine Mengensteuerung in bäuerlicher Hand. Uniterre fordert die Bauern auf EMB beizutreten um das Angebot zu bündeln. Die bäuerlichen Komites NBKS/BZS/BBK verlangen von SMP die Streikführung zu übernehmen.

Die Dynamik der Entwicklung der Bewegung. Die intensive Pressearbeit (sowie das positive Presseecho und die Online Publikation einer Streikliste im Schweizer Bauer) sowie der Aufbau der "Streikzentren" in Obfelden und anschliessend in Rikon und Safenwil haben einen guten Moblisierungseffekt. Das Ultimatum des SMP sowie die Unterstützung mehrerer kantonaler Bauernverbände verbreiten die Bewegung ebenfalls. In der ganzen Schweiz beteiligen sich über 50 % der Produzenten am Lieferstop. Die Milchindustrie ist unter Druck.

Ende des Streiks. Am 2. Juni finden Verhandlungen zwischen SMP, der Industrie und den Verteilern statt. Die Basisorganisationen Big-M und Uniterre sind nicht daran beteiligt. In einem Ultimatum um Mitternacht schlägt die Industrie eine Milchpreiserhöhung von 6 Rp. vor. Uniterre lehnt die Form eines Ultimatums ab und verlangt eine Basisbefragung. SMP und Big-M akzeptieren das Resultat und stoppen den Streik. Uniterre und NBKS stellen den Streik am Abend des 3.Juni ein. •︎





Rudi Berli
Bauer und Uniterre Sekretär

Ergänzung zum Artikel-Interview in Uniterre - Die Unabhängige Bäuerliche Zeitung - Sonderausgabe Juli 2018



Abkürzungen :
Big-M Bäuerliche Interssen Gemeinschaft - Milchmarktkampf
BZS Bäuerliches Zentrum Schweiz
NBKS Neue Bauern Koordination Schweiz
BBK Berner Bäuerliches Komitee
FPSL Schweizer Milch Produzenten, Dachverband
EMB European Milk Board


Präsentation und Diskussion eines interdisziplinären Forschungsprojekts

»Um halb fünf stehe ich auf, die Arbeit geht mindestens bis halb sieben Uhr abends. Jeden Tag, ausser am Sonntag. Neben Arbeiten, Essen und Schlafen bleibt fast keine Zeit. Nun bin ich die vierte Saison in der Schweiz. Du bist die erste Person ausserhalb des Hofs, die ich kennengelernt habe.«

Piotr, 26 Jahre, aus Polen

Sie kommen aus Polen, Ungarn, Portugal, Rumänien, bleiben häufig für ein paar Monate in der Schweiz und leben zum Teil direkt auf dem Hof. Der Arbeitstag ist lang und die Freizeit rar. Und die Wertschätzung ihrer Arbeit bleibt in der Wertschöpfungske]e auf der Strecke.

Was wissen wir über Menschen, die unser Obst und Gemüse anbauen und ernten? Im Rahmen eines trans- nationalen, interdisziplinären Forschungsprojekts haben wir während zwei Jahren die Arbeits- und Lebens- realitäten von migrantischen Arbeiter*innen in der Schweizer Gemüse- und Obstproduktion untersucht.

Nun präsentieren wir die Ergebnisse unserer Feldforschung einer interessierten Öffentlichkeit, diskutieren gemeinsam über den breiteren politischen Kontext und fragen nach Alternativen: Wie zeichnen wir die Konturen einer ökologischen und sozialen LandwirtschaE – jenseits von industrialisierter Produktionsweise, Freihandel und Dominanz durch Supermärkte und ohne prekäre Arbeitsverhältnisse und soziale Isolation?

Anmeldung erwünscht bis 19. Juni 2018 an: sarah.schilliger@unibas.ch

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